Mittwoch, 6. Oktober 2010

Nureddin zu "Ein altes und ein neues Passah"




Uns Christen und Muslime verbindet der Glaube an Jesus (Friede sei mit ihm). Selbst wenn Christen sich als den Juden näher ansehen, sind sich Christen und Muslime in diesem Punkt näher als Christen und Juden. Ohne die jüdisch-christliche Tradition zu verkennen, könnte man hieraus eine Verbundenheit statt einer Rivalität mit dem Islam ableiten.

Wir Brückenbauer müssen erfinderisch sein, wenn es darum geht, für eine ersehnte Zusammenarbeit der Zivilisationen und damit für einen Weltfrieden zu arbeiten. In der modernen globalen Welt wird es immer durchmischte Gesellschaften geben. Wir können es uns deshalb nicht leisten, dass wir unsere Nachbarn, Arbeitskollegen oder Mitschüler als unsere Feinde oder Gegner ansehen. Das Christentum, das Judentum und der Islam sind allesamt aus dem Osten in den Westen gekommen. Der Islam ist als letzter ebenfalls ein Teil der westlichen Welt geworden, aus der er nicht mehr wegzudenken ist. Der neue Bundespräsident betonte vor kurzem diese Tatsache.

Wenn es darum geht, Unterschiede zu suchen, wird man schnell fündig werden, und es wird sich nichts zum Positiven verändern. Wenn es um Unterschiede geht, gibt es auch viele davon zwischen Christentum und Judentum. Die Schriftgelehrten und die Obrigen der alten Zeit, die maßgeblich für den Tod Jesu (FSMI) verantwortlich waren, sind Juden gewesen und nicht Muslime. Natürlich liegen jetzt 2000 Jahre dazwischen, die Juden unserer Zeit kann man nicht dafür verantwortlich machen, und es musste ja auch so geschehen, wie Jesus (FSMI) es selbst prophezeit hatte, damit das Schicksal seinen Lauf nehmen konnte und viele Dinge in der Folge auch auf dieser Grundlage geschehen konnten - auch der Auftrag für Mohammed (FSMI) - aber trotzdem ist die Tatsache der jüdischen Gewaltanwendung zunächst einmal da. Man kann den Islam nicht einseitig als eine Bedrohung ansehen, selbst wenn man den 11. September und andere Anschläge betrachtet. Die beiden Weltkriege und die Ausrottung und Versklavung ganzer Völker und Stämme wurden nicht von Muslimen verursacht, aber das ist ein anderes Thema.

Die letzten Stunden eines Menschen sind für die Angehörigen immer sehr schmerzhaft und traurig. Wenn es hierbei um einen besonderen Menschen handelt, gibt es um so mehr trauernden Angehörige und Anhänger. Wenn ein berühmter Mensch, etwa ein Politiker oder ein Schauspieler verstirbt, betrifft es gleich die Massen. Wenn ein Prophet verstirbt, betrifft es sogar die Welten.

Die Muslime haben auf den Tod eine etwas andere Sicht, die mir besonders gefällt. Eigentlich sehen wir darin die Fahrkarte für das eigentliche, das ewige Leben nach unserer Zeit auf der Erde. Wenn man ein anständiges, gottgefälliges Leben gelebt hat, ist der Tod eine Erlösung von jeglicher weltlicher Not. Kein Altern mehr, keine Kriege, keine Armut, kein Elend, keine Krankheiten. Der Tod ist außerdem ein Wiedersehen mit allen, die uns vorausgegangen sind, die uns etwas bedeuten. Unsere Großeltern werden wir sehen, die Eltern, die Frau oder den Mann, wenn sie uns vorangegangen sind. Jesus (FSMI) werden wir sehen, Moses, Mohammed und alle anderen (FSMI allen) sind bereits dort und warten auf uns. Selbst der barmherzige, liebe Gott wird sich uns mit seiner einzigartigen Pracht dort zeigen. Ein gläubiger Muslim freut sich deshalb eigentlich auf den Tod, er trauert nur um die Trennung von seinen Lieben im Diesseits. Je weiter unser Glaube ist, desto stärker ist die Freude auf das Zusammenkommen mit den Geliebten.

Im Prinzip ist der Glaube an das Leben nach dem Tode bei Christen und Muslimen nicht unterschiedlich. Jedoch haben die Lehren der Aufklärung bei den Christen den Glauben an das Jenseits unfester gemacht als es von den göttlichen Texten her sein könnte und als es bei uns weiterhin ohne Einschränkung ein fester, unzertrennlicher Teil unseres Glaubens ist. Ich hoffe, dass die modernen muslimischen Gelehrten und Wissenschaftler in Zukunft in dieser Frage bessere, allgemeingültige und von allen anerkennbare Antworten finden werden und dass dadurch nicht nur ihr Glaube fester wird, sondern insgesamt der Glaube aller Gläubigen, Juden, Christen, Muslime gleichermaßen. Was das angeht, bin ich optimistisch, weil der Islam schon immer eine offenere Position in Bezug auf die Wissenschaft und den Fortschritt hatte und hat als das Christentum.

Das besagte Passahfest, ähnelt unserem Kurban Bayrami, unserem Opferfest. Selbst wenn es nicht wie bei unserem Opferfest den Ursprung in Abrahams Prüfung mit der Schlachtung des Opfertieres statt seines Sohnes hat, steht in beiden Festen dennoch ein Opfern für Gott im Vordergrund und bildet deshalb etwas Gemeinsames. Wir Muslime opfern auch außerhalb des Opferfestes Opfer für besondere Anlässe, besondere Wünsche etc. um ein Gehör bei Gott zu finden. Aber schon im Koran steht sinngemäß, dass weder das Blut, noch das Fleisch der Opfertiere Gott erreicht, sondern nur aufrechte Ergebenheit, die mit dem Verrichten des Opferaktes unter Beweis gestellt wird.

Wir Muslime sind natürlich auch Menschen und deshalb nicht unfehlbar, wir begehen Sünden und leisten uns Fehltritte. Wir sollen deshalb viel um Vergebung unserer Sünden bitten. Aber wir wissen, dass wir als Muslime kein Wort Gottes ändern oder ignorieren dürfen. Wenn er uns befiehlt, ein Opfertier zu schlachten, dann schlachten wir es. Ob wir es tun oder nicht, ist etwas anderes. Wir wissen, dass selbst wenn wir es nicht gemacht haben, ein Opferersatz als Geldspende etc. nicht gilt, auch wenn natürlich eine Spende an Arme für Gott auch als eine sehr schöne Form der Hingabe und des Dienstes an Gott anerkannt ist.

Hier in diesem Kapitel ist eine große Anzahl an allerschlimmsten Fehltritten zu sehen. Dass Jesus (FSMI) gerade an einem Festtag und auch noch von angeblichen Gelehrten umgebracht werden soll, ist geradezu ungeheuerlich. Es überkommt mich eine tiefe Trauer und ich empfinde 2000 Jahre später einen Schmerz in meinem Herzen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gelehrten den Foltertod selbst herbeiführen, oder ob sie diese Aufgabe den Römern übertragen. Fest steht, sie haben eine große Sünde begangen, die nur Gott vergeben kann. Gott ist groß und barmherzig. Was er mit ihnen anstellt, weiß ich nicht. Fest steht, dass der Himmel nicht kostenlos ist und die Hölle nicht umsonst. Aber, ich könnte mir vorstellen, dass Jesus (FSMI) während seiner Exekution sich Sorgen auch um die Seelen seiner Mörder gemacht hat und die Spuren der Folter als Amulette der besonderen Hingabe zu Gott tragen wird. Darin besteht eben der Unterschied eines Propheten zu uns einfachen Menschen und seine Unvergleichbarkeit.

Wir Muslime glauben, dass Jesus (FSMI) von Gott errettet worden ist, und dass der Verräter Judas am Kreuz hing, aber das erwähne ich nur als Zusatzinformation am Rande und sage später dazu mehr.



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