Mittwoch, 24. Februar 2010

Nureddin zu "Heilungen und ungewollte Bekanntheit"




Als Prophet hatte Jesus (Friede sie mit ihm) Heilungskräfte als Zeichen Gottes. Diese übernatürlichen Phänomene sind Wunder und ein Beweis der Prophetenschaft von Jesus (FSMI). Auch andere Propheten haben durch Gottes Hilfe Wunder vollbracht, um die Menschen zum Glauben zu bringen. Sie haben jedoch immer ihre Botschaft in den Vordergrund gestellt.

Doch wie so oft, haben manche Zuschauer übertrieben, indem sie sich nur an diesen Wundern orientierten. Andere wiederrum haben untertrieben, indem sie das alles für Zauberei erklärten. Beide Verhalten entsprechen nicht dem Willen Gottes und deshalb auch nicht dem Willen der Propheten. Weder ist derjenige, der ein Wunder vollbringt Gott, noch ist er ein Zauberer.

Beide Verhaltensmuster seiner Zuschauer müssen Jesus (FSMI) sehr weh getan haben. Nämlich, dass manche seine Wunder in den Vordergrund gestellt hat, statt seine prophetische Botschaft, und andere ihn als Zauberer oder Spalter missverstanden und deshalb angefeindet haben. Das zeigt sein Verhalten, hier in dieser Bibelstelle deutlich beschrieben, sich in die Zweisamkeit mit Gott zu begeben und Zuflucht nur bei Gott zu suchen.

Wir Muslime verehren Jesus (FSMI) als Propheten, nicht als Gott oder Gottes Sohn, und laden die christlichen Gläubigen ein, der Lehre der Urbibel zu folgen, nicht der des Paulus. Die Urbibel stimmt mit dem Koran überein und existierte bei den zwölf Jüngern und bei Jesus (FSMI) selbst. Sie predigten damit und fanden große Anerkennung beim Volk und Haß bei den selbstgefälligen jüdischen Tempelleuten, ebenso bei den polytheistischen Römern.

Leider erfährt man in der gültigen christlichen Lehre nur viel zu wenig über die Jünger, sondern viel mehr über die Personen, die nicht Zeitzeugen waren und deshalb nicht alles richtig wiedergeben könnten. Man findet sogar manche Glaubensmuster der Polytheisten in der jetzigen christlichen Lehre, wie die Trinität.

Sie zeugt von einer gravierenden Wende im Glauben von der Urbibel und damit auf eine Manipulation der Lehre des Jesus (FSMI) und damit Gottes. Die Jünger Jesu (FSMI) sind als Zeitzeugen wichtigere Personen, als alle, die das neue Testament geschrieben haben. Denn keiner von ihnen ist ein Jünger Jesu (FSMI), noch ist er ein Zeitzeuge, insbesondere nicht Paulus, der eine zeitlang sogar selbst bei der Christenverfolgung mithalf.

Wir glauben, daß nicht nur Jesus (FSMI) leiden musste, sondern dasss auch seine Jünger verfolgt und mit dem Ziel ermordet wurden, einen Kahlschlag im Urchristentum zu erreichen und einen neuen Boden für eine zu der damaligen Politik der Römer passenden Lehre zu finden.

Jesus (FSMI) ist für Muslime ein grosser Gesandter Gottes und die Liebe zu ihm ist ein wesentlicher Teil ihres Glaubens. Man muss Jesus (FSMI) und andere Gesandte Gottes ehren und lieben, um ein Muslim zu sein. Im Abendland habe ich die Erfahrung gemacht, dass meine Liebe zu Jesus (FSMI) größer war, als bei manchen "Kulturchristen".

Da auch die Existenz von "Kulturmuslimen" unbestreitbar ist, bei denen Muhammed (FSMI) ebensowenig Platz in ihrem Leben hat, folgere ich, dass umgekehrt uns Gläubige vieles verbindet, darunter sicher auch eine gemeinsame Aufgabe, eine prophetische Aufgabe.

Mich motiviert diese religionenübergreifende Aufgabe, nämlich mit meiner Kerze, die Kerzen anderer Menschen anzuzünden. Das ist eine natürliche Reaktion meiner Nächstenliebe, die aus meinem Glauben resultiert und die jeden Gläubigen auszeichnen sollte. Meine eigene Kerze wird davon nicht weniger, im Gegenteil.



Montag, 22. Februar 2010

Heilungen und ungewollte Bekanntheit




Und sobald sie aus der Synagoge hinausgingen, kamen sie mit Jakobus und Johannes in das Haus Simons und Andreas'. Die Schwiegermutter Simons aber lag fieberkrank danieder; und sofort sagen sie ihm von ihr. Und er trat hinzu, ergriff ihre Hand und richtete sie auf; und das Fieber verließ sie, und sie diente ihnen. Als es aber Abend geworden war und die Sonne unterging, brachten sie alle Leidenden und Besessenen zu ihm; und die ganze Stadt war an der Tür versammelt. Und er heilte viele an mancherlei Krankheiten Leidende, und er trieb viele Dämonen aus und ließ die Dämonen nicht reden, weil sie ihn kannten.

Und frühmorgens, als es noch sehr dunkel war, stand er auf und ging hinaus und ging fort an einen einsamen Ort und betete dort. Und Simon und die, die mit ihm waren, eilten ihm nach; und sie fanden ihn und sagen zu ihm: Alle suchen dich. Und er spricht zu ihnen: Laßt uns anderswohin in die benachbarten Marktflecken gehen, damit ich auch dort predige; denn dazu bin ich ausgegangen. Und er ging und predigte in ihren Synagogen in ganz Galiläa und trieb die Dämonen aus.

Und es kommt ein Aussätziger zu ihm, bittet ihn und kniet nieder und spricht zu ihm: Wenn du willst, kannst du mich reinigen. Und er war innerlich bewegt und streckte seine Hand aus, rührte ihn an und spricht zu ihm: Ich will. Sei gereinigt! Und sogleich wich der Aussatz von ihm, und er war gereinigt. Und er bedrohte ihn und schickte ihn sogleich fort und spricht zu ihm: Sieh zu, sage niemand etwas! Sondern geh hin, zeige dich dem Priester, und opfere für deine Reinigung, was Mose geboten hat, ihnen zu einem Zeugnis! Der aber ging weg und fing an, die Sache eifrig zu verkünden und auszubreiten, so daß er nicht mehr öffentlich in eine Stadt gehen konnte; sondern er war draußen an einsamen Orten, und sie kamen von allen Seiten zu ihm.

(Kapitel 1,29 – 45)

Ich lade Nureddin und alle anderen Leser an dieser Stelle einmal besonders ein, diesen Abschnitt und auch die folgenden wie eine ganz normale Erzählung zu lesen. Ich weiß wohl, daß dies auch den meisten Christen schwerfallen dürfte, weil sie es gewohnt sind, die Bibel als ein heiliges und deshalb besonderes Buch zu lesen. Aber sie ist ja auch eine Erzählung.

Zu einer traditionellen Erzählung gehört, daß sich ein lebendiges Spiel ergibt zwischen dem, der schreibt, und dem, der liest: der Leser hat bestimmte Erwartungen, und der Schreiber weiß das natürlich und arbeitet damit - hält etwa den Leser in Anspannung, erzählt Geschichten anders zu Ende, als man es am Anfang erwarten kann, und vieles andere mehr.

Auch die vier Lebensberichte des Neuen Testamentes kann man alle wie eine solche Erzählung lesen, denn auch deren Schreiber verfolgen ja eine Absicht in Bezug auf das, was wir hören sollen und was nicht. Sie wollen alle unsere Aufmerksamkeit haben und spulen deshalb nicht einfach ein paar heilige Texte herunter, von denen sie annehmen können, daß sie von einem frommen Publikum sozusagen ganz von selbst gelesen werden.

Ich frage deshalb: was ist an dieser Stelle unserer Erwartung an die Erzählung? Ich denke, die Antwort wird sein: wir wollen Jesus reden hören. Er hat ja eine Botschaft mit auf diese Welt gebracht, und er redet gut und kraftvoll, wie wir in der Synagoge von Kapernaum erfahren haben.

Es dauert aber bis zum vierten Kapitel, bis Jesus tatsächlich eine längere Rede hält, und das Ergebnis ist, ich sage es vorweg, nicht unbedingt so, wie man es erwartet. Wir kennen jedenfalls zunächst einmal nur die wenigen Worten, die Jesus am Anfang sagt:

Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe gekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!

Wir erfahren gerade noch etwas über die erstaunte Reaktion der Zuhörer auf die Wirkung der Predigt in der Synagoge von Kapernaum am See Genezareth*, aber dann nehmen die Geschehnisse einen anderen Lauf als Jesus das Recht sein kann.

Ein besessener Mensch tritt auf, identifiziert Jesus als Heiligen Gottes und wird durch ihn von seinem bösen Geist befreit. Die Kunde von dieser Dämonenaustreibung und von der noch am gleichen Abend erfolgten Heilung der kranken Mutter des Petrus verbreitet sich sehr schnell, und Jesus ist von nun an ständig von hilfesuchenden Menschen umgeben ist. Er flieht am nächsten Morgen vor der Menschenmenge und versucht, in den umliegenden Dorf-Synagogen zu predigen, wird aber offenbar überall von den vielen Menschen, die alle auf Heilungswunder hoffen, behindert.

Die Aufmerksamkeit der Erzählung ist entsprechend zunächst einmal auf das gerichtet, was Jesus tut und weniger auf das, was er sagt. Die ganze Erzählung hat in dieser Phase etwas Atemloses und Getriebenes. Jesus erscheint, das ist sicher erlaubt zu sagen, nicht als Herr der Situation, auch wenn er über böse Geister gebietet und Krankheiten heilt.

*alle Geschichten spielen jetzt bis auf weiteres am See Genezareth, der im nördlichen Teil des heutigen Staates Israel liegt und damals zu der von Jerusalem (in der Provinz Judäa) verwaltungsmäßig getrennten, etwa 100 km von Jerusalem entfernt liegenden Provinz Galiläa gehörte. Dort liegt auch die Heimatstadt der Eltern von Jesus, der Ort Nazareth, etwa 25 km westlich des Sees. Diesen See kann man sich ein wenig wie den Gardasee in Norditalien vorstellen - 20 km in der Länge, 10 km in der Breite und zwischen recht hohen Bergen schön gelegen. Die Grundmauern der Synagoge von Kapernaum (gesprochen Ka-PER-na-um) wurden übrigens von Archäologen freigelegt und sind zu besichtigen.



Donnerstag, 18. Februar 2010

Nureddin zu "Die ersten Jünger, aber auch der erste Dämon"






Diese Bibelstelle ist wie viele Bibelstellen, eine in sich verständliche Aufreihung einer prophetischen Geschichte. Dort findet man eine detaillierte Erzählung einer bestimmten Handlung und zum Schluss die Pointe.

Die Bibel unterscheidet sich vom Koran in diesem Punkt. Im Koran findet man ebenfalls Geschichten, aber oft kürzer, themenübergreifender und oft nicht detailliert, als würde man Raum für Interpretation zu lassen. Die Erzählform des Korans mutet nicht typisch Menschliches. Sie wirkt überdimensional, überzeitlich. Manche Abhandlungen im Koran scheinen spontanen Wendungen zu folgen, Querverweise zu anderen Geschichten zu knüpfen und oft in scheinbar abstrakte Gottesanpreisungen zu münden. Das ist gewiss eine andere, erhabenere Erzählweise als in menschlichen Geschichten, die detaillierter, umfangreicher und flacher sind.

Der Islam kennt neben dem Koran die Sunna des Propheten. Alle Propheten haben eine Sunna, auch Jesus (Friede sei mit ihm) hatte eine Sunna, die für die Gläubigen wichtig ist. Sie ist die Gesamtheit des Gelebten und Gesagten des Propheten, die zeitlos und beispielhaft für uns ist. Die Jünger merkten sich entweder diese Geschichten oder schrieben sie auf, um sie weiter zu vererben.

Ähnlich gibt es auch im Islam viele Werke außerhalb des Korans, die miteinander um die umfangreichste und beste Erinnerung an Propheten wetteifern. Sie sind auch um Details bemüht, schildern eine Geschichte zu Ende. Sie helfen uns den Koran besser zu interpretieren. Bei der Lesung der Bibel denke ich, daß sie eher mit diesen Werken zu vergleichen ist statt mit dem Koran.

Der Koran spricht von Incil, wenn er von der Bibel oder genauer: von einer Urform des Neuen Testamentes spricht. Das Wort klingt wie Evangelium, man müsste untersuchen, ob beide Worte gleichen Ursprungs sind. In Incil sind nämlich wie im Wort Evangelium die Buchstaben E (=I), N, G (=C) und L vorhanden. Es muss sich laut Koran bei Incil um ein Buch handeln, wie die Thora oder der Koran. In den islamischen Quelle steht über die Bibel, daß Jesus (FSMI) eine zu kurze und schwierige Zeit hatte, in der es ihm und seinen Jüngern nicht gelang das komplette Buch niederzuschreiben.

Sie hatten die Bibel auswendig gewusst, damit gepredigt und fanden zunächst diese Predigten wichtiger als sich mit der Niederschrift zu beschäftigen. Sie haben vielleicht auch nicht die Gefahr einkalkuliert, daß die Bibel in Vergessenheit geraten würde oder daß die Wenigen, die es noch wussten, nicht mehr lebten. Außerdem haben sie gerechnet, daß sie nach der baldigen Wiederkehr von Jesus (FSMI) eher die Gelegenheit gehabt hätten, und daß dann mögliche Fehlerquellen ausgeschlossen werden könnten. Da die baldige Wiederkunft sich hinauszögerte, schrieben die ersten Christen dann doch noch die Verse auf, an die sie sich erinnerten, damit wenigstens ein Teil der Bibel zu retten sein würde.

Das heißt, daß diese ersten Niederschriften aus einer Not heraus entstanden und eher das Zusammenspiel von prophetischen Geschehnissen und einigen Gottesworten waren. Die ersten Christen nannten diese ersten Werke auch nicht Bibel, sondern Erinnerungen. Darin stand unter Anderem die Prophetenschaft von Jesus (FSMI) als Mensch und Diener Gottes, die Einzigartigkeit Gottes und nicht seine Vaterschaft zu Jesus (FSMI).

In dieser Zeit nach Jesus, gab es eben auch die ersten, die von der Gottheit des Propheten Jesus (FSMI) sprachen. Später, hat sich dieser Gedanke, auch durch massgebliche Hilfe von Paulus, in der christlichen Religion durchgesetzt. Paulus hat Jesus (FSMI) nie gesehen, er half sogar bei der Christenverfolgung mit. Eines Tages sprach er von einer Vision und daß Jesus ihn mit der Aufgabe beauftragt hat. Wir sehen in Paulus den eigentlichen Lehrmeister der jetzigen gültigen christlichen Religionslehre. Um seine prophetische Stellung zu begründen, passte es gut, Jesus (FSMI) die Rolle als Gottes Sohn zuzuschreiben, ihn also zu einem Gott hochzustufen. Im ersten Konzil sind später alle Bibelwerke, die Gegenteiliges aussagten, aussortiert und vernichtet worden. Auch die Christen, die daran geglaubt haben, wurden verfolgt.






Mittwoch, 17. Februar 2010

Die ersten Jünger, aber auch der erste Dämon




Und nachdem Johannes überliefert war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe gekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium! Und als er am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, im See die Netze auswerfen, denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: Kommt mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen! Und sogleich verließen sie die Netze und folgten ihm nach. Und als er ein wenig weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes, auch sie im Boot, wie sie die Netze ausbesserten; und sogleich rief er sie. Und sie ließen ihren Vater Zebedäus mit den Tagelöhnern im Boot und gingen weg, ihm nach.

Und sie gehen nach Kapernaum hinein. Und sogleich ging er am Sabbat in die Synagoge und lehrte. Und sie erstaunten sehr über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten. Und sogleich war in ihrer Synagoge ein Mensch mit einem unreinen Geist; und er schrie auf und sagte: Was haben wir mit dir zu schaffen, Jesus, Nazarener? Bist du gekommen, uns zu verderben? Ich kenne dich, wer du bist: der Heilige Gottes. Und Jesus bedrohte ihn und sprach: Verstumme und fahre aus von ihm! Und der unreine Geist zerrte ihn und rief mit lauter Stimme und fuhr von ihm aus. Und sie entsetzten sich alle, so daß sie sich untereinander befragten und sagten: Was ist dies? Eine neue Lehre mit Vollmacht? Und den unreinen Geistern gebietet er, und sie gehorchen ihm. Und die Kunde von ihm ging sogleich hinaus überall in die ganze Umgebung Galiläas.


(Kapitel 1, 14 – 28)

Die Jünger treten in Erscheinung! Daß dies gleich zu Beginn des Markus-Berichtes steht, verdeutlicht die wichtige Rolle welche die Zwölf spielen. Zwar lernt man später von einigen Jüngern nicht mehr als nur den Namen (Markus stellt alle zwölf einmal kurz zusammen vor, in Kapitel 3), aber die Rolle, die sie dann bei der Gründung der Kirche nach dem Tod und der Auferstehung von Jesus* spielen, ist aus einem einleuchtenden Grund wichtig: Jesus hinterläßt nichts Schriftliches, das Zeugnis von ihm lebt von der Erinnerung seiner Nachfolger.

Ähnlich wie bei Sokrates – und anders als bei Moses und Mohammed – sind auch bei Jesus alle Reden nur mündlich überliefert**. Für die späteren schriftlichen Zeugnisse ist also das Wissen der zwölf Jünger entscheidend, von ihrer Darstellung der Ereignisse um Jesus hängt die Glaubwürdigkeit der jungen Bewegung ab. Nureddin hat gleich in seinem ersten Kommentar diese Glaubwürdigkeit als Problem bezeichnet, aber sie muß in der Anfangszeit der Christen, also etwa nach dem Jahr 35 unserer Zeitrechnung, sehr groß gewesen sein. Anders ist der schnelle Erfolg der Kirche in ihrer Frühzeit nicht denkbar.

Mit Blick auf unsere moderne Zeit und auf die Jahre der Aufklärung muß man im Umkehrschluß sagen, daß der zentrale Angriff der historisch-kritischen Methode auf die Glaubwürdigkeit der ersten christlichen Zeugnisse dem Glauben wie kaum etwas Anderes geschadet hat.

Nun sollten die Kritiker der Überlieferung allerdings bedenken, daß sich die unterschiedlichen Autoren der Bibel von Anfang an dieser Kritik stellen mußten. Jesus war ja eine geschichtliche Figur. Man konnte zu Lebzeiten der Jünger große Teile der Berichte über ihn durchaus noch nachprüfen - etwa indem man weitere mündliche Aussagen hinzuzog oder indem man die vier vorliegenden Schriften miteinander verglich - und konnte dann wissen, ob die Aussagen richtig waren oder nicht.

Der Koran dagegen - Friede und unser aller großer Respekt sei mit ihm - ist ein Buch, das geglaubt werden will. Sein Kern, das Reden Gottes mit dem Propheten, steht jenseits aller historischer Überprüfung. Daß dieses Reden richtig überliefert wurde, wird man kaum bestreiten wollen, daß es aber Gottes Reden war, daß ist der Kern der Unterscheidung von Glaube und Unglaube.

Die Frage nach der Glaubwürdigkeit der ersten christlichen Zeugen besteht nun also bis heute fort, und jeder Leser muß sie neu und für sich persönlich beantworten. Bemerkenswert ist, daß die Markus-Stelle, in der es um die Auswahl dieser Zeugen geht, eine eher unbequeme Wahrheit offen benennt: es sind einfache und ungelehrte Leute, die hier berufen werden. Aussagen wie diese stützen die Wahrscheinlichkeit, daß die Berichte echt sind und keine Heldensagen.

Ein weiteres, ganz anderes Zeugnis begleitet Jesus von Anfang an: er wird von den Dämonen erkannt und identifiziert. Die Dämonen des Neuen Testamentes sind finstere Mächte***, keine neutralen Geister wie die Dschinne im Koran. Immer wieder sprechen sie in der Gegenwart von Jesus aus, was niemand anders so offen sagt: du kommst von Gott, du bist der Heilige Gottes. Sie fürchten Jesus, auch das ist ein Teil des übereinstimmenden Zeugnisses der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.


* unter den Christen hält sich die Sitte, den Namen Jesus nicht deutsch sondern lateinisch in den Genitiv, Dativ und Akkusativ umzuformen – man hört auf Jesu Worte und sieht auf Jesum. Ich wähle hier die moderne Form, wenn es sich um Berichte über das Leben von Jesus handelt.

** Im Koran, Sure 19,30, gibt es einen Hinweis auf ein "Kitab", ein Buch, das Jesus nach islamischer Vorstellung zusammen mit seinem Prophetenamt empfangen hat - vielleicht der Thora oder dem Koran ähnlich. Die Kommentare zum Koran gehen davon aus, daß dieses Offenbarungsbuch auch den Jüngern bekannt war aber verlorenging und von den Jüngern um 40 n. Chr. rekonstruiert und mit eigenen Berichten ergänzt wurde - zu unseren vier Evangelien. Ich will beim weiteren Lesen darauf achten, ob sich Spuren eines solchen Ur-Buches im Bericht von Markus finden. Ich erwarte sie eher nicht, aber ich will ja offen und mit muslimischen Augen lesen.

*** Ihr häufiges Vorkommen in Israel wird auch in römischen Berichten erwähnt.



Sonntag, 14. Februar 2010

Nureddin zu "Der Anfang in der Wüste"




Vorweg einmal an meinen lieben Freund Christian, den ich vom Herzen mein "abicim", meinen werten Bruder nenne, Gottes Grüße - Selam Aleikum, viele fruchtbare und nützliche Gedanken zu seinem neuen Blog über das Markusevangelium, den ich kommentieren darf, soweit es mir gelingt. Gottes Grüße auch an alle Besucher dieses Blogs.

Mein Wunsch ist es, das Markus Evangelium mit meinen muslimischen Augen zu lesen und zu hoffen, dass der gemeinsame, eine Gott, von dem die Rede in den heiligen Texten ist, uns zu einem gemeinsamen Wort zusammenführt. Dieses gemeinsame Wort ist, es gibt keine weiteren Gottheiten ausser Gott. Der nicht zeugt und geboren ist, dem nicht vergleicht, der keine Kinder hat. Er hat viele Geschöpfe, vorneweg die Menschen, von denen er viel hält. Es ist der Gott, der uns alle erschaffen hat, um seine Einzigartigkeit, seine Schönheit zu zeigen, damit wir vor dieser Einzigartigkeit und Schönheit bewundernd teilhaben sollen.

Er schickte uns auf die Erde, ohne dass er es nötig hätte, um uns diese Schönheit zu zeigen, damit wir ihm dienen, woran er großes Gefallen hat. Er schickte uns, seit dem es Menschen gibt, Gesandte, damit sie uns zum Ziel führen sollen und damit wir an ihnen Beispiele nehmen sollen. Angefangen hat die Botschaft mit dem ersten Menschen, der gleichsam mit dieser glücklichen Aufgabe beauftragt war, wie später und anderswo Tausende Gesandte auf dem selben Wege den Einen, einzigen Gott aufgezeigt haben. Wie sie alle heissen, ob Noah, Abraham, Moses und Jesus (Friede sei mit Ihnen) dem die Bibel geschickt wurde, sie sind Gesandte Gottes, deren Aufgabe es war, die Menschen die zum Vergessen anfällig sind, wieder an das Wesentliche im Leben zu erinnern.

Wir Muslime glauben daran, daß nach Jesus (FSMI) ein weiterer Gesandter, namens Muhammed (FSMI), gekommen ist, der bis zur Apokalypse, der letzte seiner Zunft und Prophet aller Menschen ist. Die 1,5 Milliarden Muslime weltweit müssen anerkennen, daß Mutter Maria und ihr Sohn Jesus(FSMI) undiskutabel heilige, auserwählte Menschen mit prophetischer Aufgabe sind. Ohne das ist man kein Muslim. Ebenso sind die Bibel, die Thora und die Gebote anderer Propheten davor, göttliche Texte, an die ein Muslim glauben muss, wenn er ein Muslim sein will.

Eine Einschränkung ist dann doch darin, dass wir Muslime glauben, diese Texte haben ihre Ursprünglichkeit und Reinheit mit der Zeit verloren, denn wieso sollte Gott sonst nacheinander neue Texte an die nächsten Propheten übermitteln. Die jetzigen biblischen, jüdischen Texte entsprechen nicht mehr dem Original. Ein Beweis ist ja die Existenz von 4 unterschiedlichen Bibeln im neuen Testament, die im Kern zwar ähnlich sind, aber sich an manchen Stellen widersprechen.

Der Koran hingegen ist frei von Widerspruch, weltweit der Gleiche. Kein Buchstabe, kein Punkt ist verschieden und die Muslime legen großen Wert darauf, dass nur das Original in arabischer Sprache der Koran ist und die Übersetzungen eben ungefähre Übersetzungen.

Nichtsdestotrotz ist die jetzige Bibel nicht gänzlich von uns abzustreiten, und man findet viel Gemeinsames. Mein Augenmerk wird daher darauf abzielen, auf die Gemeinsamkeiten hinzuweisen, die uns verbinden. Natürlich werde ich auch auf Unterschiede hier und da zeigen müssen, weil nur dadurch eine kritische Betrachtung würdigend gelingen kann.

Nun zum ersten Kapitel, Johannes (FSMI) ist auch nach dem Koran ein Prophet, aber einer, dessen Aufgabe es ist, dem kommenden, größeren Propheten die Vorarbeit zu leisten und das Volk auf die bevorstehende Botschaft vorzubereiten. Später hat er auch Jesus(FSMI) zur Seite gestanden und ihm bei seiner Verkündigung der Gottesgebote geholfen. Eine ähnliche Figur ist der Prophet Aaron (FSMI), Bruder des Mose(FSMI).

Jesus (FSMI) ist im Islam, als eine der großen fünf Propheten bekannt. Die anderen sind Noah, Abraham, Moses und Muhammed (FSMI Allen). Eine schöne Sache ist die Taufe, ich vergleiche sie mit unserer "Wudu" Waschung. Eine Gemeinsamkeit ist, daß wir uns auch religiös reinigen. Wir kennen die Ganzkörperwaschung und die kleine Waschung, mit der Waschung der offenen Körperteile, wie Hand, Gesicht, Füße, Mund etc. Diese kleine Waschung ist vor jedem Pflichtgebet vorgesehen und die Ganzkörperwaschung weniger häufig, empfohlenerweise täglich.

Das heisst die Muslime taufen sich das ganze Leben lang, mehrmals am Tag. Zur Unterschiedlichkeit der Taufe ist zu sagen, daß wir Muslime alle Kinder, die neu geboren werden, als sauber und dadurch nicht taufpflichtig ansehen. Die Erbsünde kennen wir Muslime nicht, weil jeder sich selber vor Gott zu verantworten hat, und weil die Kinder nicht für die Sünden ihrer Eltern mitverantwortlich sind. Jeder haftet im Islam selber für sich, und jedes Neugeborene kommt sündenfrei ins Leben.

Keine Frage, Jesus (FSMI) ist ein auserwählter, grosser Prophet, ich liebe ihn so sehr, ich würde ihm ohne Frage mein Leben opfern. Er soll im Auftrage Gottes die Menschen zum Ziel bringen. Dieses Ziel ist ein Ort der ewigen Glückseligkeit bei Gott und allen die man liebt. Das Leben ist eine Prüfung, bei dem wir Menschen durch gute Taten und Gottesdienst dieses ewige Glück erarbeiten müssen. Ohne Fleiß kann man nicht belohnt werden, es wäre sonst den Tüchtigen gegenüber nicht fair.

So soll in diesem Leben mit verschiedenen Problemen der Diamant von der Kohle getrennt werden. Ein Verbrecher soll nicht neben einem Propheten im Paradies verweilen, er soll vielmehr wegen seiner Verbrechen, Blindheit und Dummheit büßen. Jeder Mensch hat hier die Wahl ein guter Mensch oder ein schlechter Mensch zu sein und nach dem Tod wird jeder mit seiner Rechnung konfrontiert werden.

Da hilft auch nicht, daß er z.B. als Muslim, Christ oder als Jude auf die Welt gekommen ist. Die Qualität eines Menschen wird nach seinem Gottesrespekt gemessen, nicht nach seiner Herkunft, wofür er sowieso nichts kann. Demnach kann es sein, daß ein Muslim in der Hölle landet, hingegen ein Amazonasindianer oder Christ im Paradies. Wichtig ist was er aus seiner Chance im Leben gemacht hat. Jeder fängt bei Null an.

In diesem Sinne rufe ich die heiligen Seelen der Propheten auf, die in dieser Bibelkapitel genannt werden, daß in ihrem Namen uns der eine Gott zusammenbringen und vereinen möge, wie er es mit seinen Propheten bereits getan hat.



Freitag, 12. Februar 2010

Der Anfang in der Wüste




Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus. Wie geschrieben steht im Propheten Jesaja: "Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der da bereite deinen Weg." "Es ist eine Stimme eines Rufenden in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht seine Steige gerade!" Johannes trat auf und taufte in der Wüste und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden.

Und es ging zu ihm hinaus das ganze jüdische Land und alle Einwohner Jerusalems, und sie wurden im Jordanfluß von ihm getauft, indem sie ihre Sünden bekannten. Und Johannes war mit Kamelhaaren und einem ledernen Gürtel um seine Lende bekleidet; und er aß Heuschrecken und wilden Honig. Und er predigte und sagte: Nach mir kommt der, der stärker ist als ich; ich bin nicht würdig, ihm gebückt den Riemen seiner Sandalen zu lösen. Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit Heiligem Geist taufen.

Und es geschah in jenen Tagen: Jesus kam von Nazareth in Galiläa und wurde von Johannes im Jordan getauft. Und sobald er aus dem Wasser heraufstieg, sah er die Himmel sich teilen und den Geist wie eine Taube auf ihn herabfahren. Und eine Stimme kam aus den Himmeln: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden. Und sogleich treibt ihn der Geist in die Wüste hinaus. Und er war vierzig Tage in der Wüste und wurde von dem Satan versucht; und er war unter den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.

(Kapitel 1, 1 – 13*)


Meine Befürchtung ist, daß Nureddin als mein erster (aber hoffentlich nicht einziger) Leser sich daran stört, Jesus schon gleich zu Beginn als Sohn Gottes vorgestellt zu bekommen. Immerhin: er wird nach dem Bericht des Markus, der ja keine Weihnachtsgeschichte enthält, von Gott nur adoptiert. Das nimmt einem Moslem vielleicht ein wenig von der skandalösen Vorstellung einer Zeugung durch Gott. Gott findet an Jesus Wohlgefallen, nachdem sich dieser als gehorsam erwiesen und sich der Taufe unterzogen hat. Deshalb nimmt er ihn als seinen Sohn an.

Seine Rolle als Sohn beinhaltet zunächst einmal diesen Gehorsam und dann später viel Schmerz und Elend. Kurz vor seiner Kreuzigung wird Jesus noch einmal in einem Gleichnis** erläutern, was es bedeutet, ein Sohn zu sein: so wie ein im Ausland lebender Gutsbesitzer zunächst seine Knechte schickt, um auf seinem Gut die Miete der Pächter einzufordern, so schickt Gott die Propheten, um seinen Anspruch an die Welt zur Geltung zu bringen. Nachdem die Pächter aber die Knechte nicht beachten oder sogar erschlagen, greift der Gutsbesitzer zu seinem letzten Mittel und schickt seinen Sohn. Er wird von den bösen Pächtern umgebracht.

Gerne möchte ich hier anführen, auf Ausgleich mit Nureddin bedacht, daß der in vielen Religionen mögliche Gedanke, einzelne Menschen könnten als Kinder Gottes angesehen werden, zunächst ja nur bedeuten soll, daß sie Gott besonders nahe sind. Es soll nicht bedeuten, daß sich der Eine und Einzige Gott in verschiedene Wesensheiten aufspalten läßt, daß also der Monotheismus aufgegeben wird.

Ich lese weiter mit den Augen eines Moslems: vertraut sein dürfte ihm am Anfang dieser Geschichte der Schritt von einem Propheten (Jesajas) über einen weiteren Propheten (Johannes) hin zu einem dritten Propheten (Jesus), den die Christen zwar nicht Propheten nennen, der aber natürlich in vieler Hinsicht in der prophetischen Tradition steht.

Einem Moslem sehr vertraut ist auch der Gedanke, daß der Ursprung einer Religion in der Wüste ist. Sie wird hier dreimal erwähnt - in der Prophezeiung des Jesajas, im Leben des Johannes und in den 40 Tagen, die Jesus anschließend ebenfalls in der Wüste verbringt.

Die modernen Ausleger haben manchmal aus dem Täufer Johannes einen wilden Hippie machen wollen, wie er da mit Kamelhaaren bekleidet seine Heuschrecken ißt, weit außerhalb der Zivilisation. Man hat sich mittlerweile aber eingehender mit den Bewohnern der Wüste beschäftigt und festgestellt, daß Johannes sich perfekt der Wüste angepaßt hat und nun so lebt, wie es die Kinder Israel als Nomaden viele Jahre lang vor dem Einzug in ihr gelobtes Land getan haben. Möglicherweise haben die Zeitgenossen des Johannes sein ganzes Auftreten intuitiv auch so verstanden, daß er dadurch sagte: wir haben durch unsere Sünden dieses gelobte Land verloren und müssen zu unserem Ausgangspunkt in der Wüste zurückkehren, um es neu gewinnen zu können.

Johannes ist nun der erste, der die Gläubigen mit einem äußeren Zeichen versieht, das in seiner Dramatik nur mit dem äußeren Zeichen der Beschneidung verglichen werden kann: der Taufe. Zwar ist es kein bleibendes Zeichen, weil das Wasser selbstverständlich wieder abtrocknet, aber es ist ein Zeichen, das in dem Moment, wo die Menschen in das feuchte und bedrohliche Elemente eintauchen, in vielen wohl einige Angst erregt und als Symbol für die ganze Erbärmlichkeit des Menschen und seine Erneuerungsbedürftigkeit steht.


* hier und im Folgenden nach der Elberfelder Übersetzung zitiert, lediglich Vers 1 und 2 sind aus der Lutherbibel (um mit dem fotografierten Text im Titel übereinzustimmen)

** Kapitel 12, 1 - 12