Mittwoch, 28. April 2010

Nureddin zu "Johannes der Täufer"




Johannes (Friede sei mit ihm) ist für die Muslime ein Prophet, wie Jesus (FSMI) oder Mohammed (FSMI). Für Propheten gilt, dass sie die besten unter den Menschen sind. Ein Prophet wird man durch die Wahl Gottes, man kann sich nicht dorthin hocharbeiten. Prophet sein ist kein Beruf, sondern eine Berufung. Propheten sind am Zenith des Menschseins, und mehr zu sein ist für Sterbliche nicht möglich.

Propheten sind engelsähnliche Wesen, die nur ihren Auftrag im Sinn haben und bis zum äußersten bereit sind, sich dafür zu opfern. Sie sind so gotterfüllt, dass man bei einer Begegnung mit ihnen denken würde, vor Gott zu stehen. Doch wie hochkarätig auch immer die Propheten unter den Menschen sind, sie sind und bleiben Menschen und keine Götter. Der Gedanke, Menschen zu Göttern zu erklären, widerspricht dem monotheistischen Glauben. Es sind eher Naturvölker, polytheistische Kultreligionen wie die der Inka, Ägypter oder Budhisten, welche diese Art der Verehrung kennen.

Es gibt im Islam unter den Propheten eine Aufteilung nach Nabi und Rassoul. Beide haben einen prophetischen Auftrag, aber die Rassouls haben zusätzlich zu diesem Auftrag ein schriftliches Gotteswort, worauf sie sich beziehen. Johannes (FSMI) ist also ein Nabi, Jesus und Mohammed (Friede sei mit beiden) sind Nabi und Rassoul zugleich. Ein Moses (FSMI), ein David (FSMI) und ein Abraham (FSMI) sind ebenfalls Nabis und Rassouls zugleich.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, dass manche Propheten ihre eigene neue Version der Religion verkünden sollen, andere wiederum die der gültigen Religion folgen und nur die Fehler in der Ausübung korrigieren sollen. Propheten wie Noah, Abraham, Moses, Jesus und Mohammed (Friede sei mit allen) haben jeweils ihre eigene, neue Version der Religion erhalten. Eine Vielzahl anderer zum Beispiel Isaac, Josef, Zacharias und Ijob (FSMA) haben nach der gültigen Religion gelebt und die eingeschlichenen Fehler zu korrigieren versucht.

Manche von ihnen untestützten einen zeitgenössischen größeren Propheten. Auch Johannes (FSMI) war ein solcher Prophet, wie Aaron seinem Bruder und dem größeren Propheten Moses half, hat er Jesus (FSMA) beigestanden.

Johannes (FSMI) ist der Sohn des Zacharias (FSMI) und Cousin von Jesus (FSMI) nach islamischen Quellen. Auch er kommt durch ein Wunder zur Welt, weil seine Eltern bis zum Greisenalter kinderlos bleiben und ihnen Gott erst im Greisenalter mit Johannes (FSMI) noch ein Kind schenkt. Im Kindesalter verhält er sich schon anders als seine Gleichaltrigen. Zum Beispiel laden andere Kinder ihn ein, mitzuspielen und er antwortet im Kleinkindalter, dass er nicht deshalb erschaffen worden ist. Im Koran steht im Kapitel 19. „Maria“ über ihn:

12. «O Johannes, halte das Buch kraftvoll fest.» Und Wir gaben ihm Weisheit im Kindesalter,
13. Und ein liebevolles Gemüt von Uns, und Reinheit. Und er war fromm.
14. Und ehrerbietig gegen seine Eltern. Und er war nicht hochfahrend, trotzig.
15. Friede war über ihm am Tage da er geboren ward, und am Tage, da er starb, und (Friede wird über ihm sein) am Tage, da er wieder zum Leben erweckt wird.

Er hat das Buch kraftvoll festgehalten. Zuerst die Thora und dann die Bibel und kämpfte sein ganzes Leben im Lichte der heiligen Botschaft, um sie zu verkünden und danach zu leben. In einem Hadith erzählt Mohammed (FSMI) über Johannes (FSMI):

Der barmherzige Gott hatte dem Sohn des Zacharias (FSMI), dem Johannes (FSMI) fünf Sätze beigebracht um selber danach zu leben und sie zu den Kindern Israels zu verkünden. Als er etwas zu langsam war mit dem Auftrag diese zu verkünden, ermahnte ihn Jesus (FSMI) mit folgenden Worten: "Du warst beauftragt die fünf Sätze zu verkünden, entweder verkündest Du sie oder ich werde diese Aufgabe übernehmen". Der Prophet Johannes(FSMI) antwortete ihm: "Mein Bruder, wenn Du diesen Auftrag übernimmst befürchte ich mein Verderben", und alsbald machte er sich auf den Weg. Er rief alle Kinder Israels auf, sich am gesegneten Tempel zu versammeln und verkündete seinen Auftrag: "Mein Gott hat mir befohlen Euch fünf Gebote zu verkünden. Die erste ist: ihr sollt keine Gottheit neben Gott haben und ihr sollt nur ihm dienen. Die zweite ist das Verrichten der Gebete. Die dritte ist das Fasten. Die vierte ist Almosen an Bedürftige zu geben und die fünfte ist Gott ununterbrochen zu preisen."

An diesen fünf Geboten wird deutlich, dass die Botschaft des Johannes mit dem Islam im Kern gleich ist. Nach islamischen Verständnis schickt Gott im Kern dieselbe Botschaft. Der Grund ist in der Natur des Menschen zu suchen. Der Mensch neigt zur Übertreibung und/oder zur Vergesslichkeit. Der Gott aller Propheten ist derselbe, logischerweise ist es sein Wunsch auch.

Nach islamischem Verständnis wurden auf diese Weise mehrere Hunderttausend Propheten in der Menschheitsgeschichte weltweit beauftragt. Aufgrund der Bevölkerungsdichte und Häufung der Hochkulturen sind die bedeutendsten Propheten in den vorderen Orient geschickt worden.
Die Wunder Jesu (FSMI) mit dem Teilen des Essens kennen die Muslime auch in Verbindung mit Mohammed(FSMI). Auch er teilte mehrmals das Wenige was er und seine Jünger hatten mit einer größeren Gruppe von Menschen. Es heißt in einem Hadith:

Der Gast nimmt eins und hinterlässt neun Teile dem Gastgeber.

Die Gastfreundschaft ist deshalb eine sehr lebendige, geschätzte Tradition in muslimischen Häusern. Wer es ausprobieren will, sollte einfach mal den Versuch bei seinem muslimischen Nachbarn wagen. Ich kann versprechen, er wird nicht enttäuscht werden.

Auch das Gehen auf dem Wasser, ist ein uns bekanntes Wunder. Diese unerklärlichen, übernatürlichen Phänomene wurden in vorherigen Kapiteln ausgiebig behandelt. Um ein Fazit zu ziehen, muss man zugeben: der allmächtige Gott der diese Gesetze erschaffen hat, kann sie auch aufheben, wie im Falle der Wunder geschehen. Sie wirken wie Lackmuspapier, um die Gläubigen von den Ungläubigen zu unterscheiden.

Im Jenseits werden andere Gesetze herrschen als hier. Wir werden dort - Inschallah!*- Zeugen dafür, dass die bekannten physikalischen, biologischen und chemischen Gesetze aus dem Diesseits, im Jenseits neue Definitionen haben werden. Der große islamischer Denker, Said Nursi, nennt deshalb diese Welt den Dar el Hikmet- Der Ort der Zweckgebundenheit der Macht Gottes und das Jenseits den Dar el Kudret- Der Ort der direkten Macht. Er meint, daß Gott hier auf der Erde immer handelt wie hinter einem Vorhang, und eben zweckgebunden. Das bedeutet: ohne Wolke kein Regen, ohne Fleiß kein Preis etc.

Der Sinn, dass Gott im Diesseits die Dinge zweckgebunden erschafft, gerade so als ob er hinter einem unsichtbaren Vorhang agiert, liegt darin, dass diese Welt für uns Menschen, ein Prüfungsort ist. Wir glauben, dass Gott die Menschen aus Liebe erschaffen hat und Interesse hat, sie ins Paradies zurückzuholen. Doch das soll erst nach einem Reifeprozess im Diesseits geschehen. Wir Menschen werden mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert. Wir sollen den wahren Verursacher hinter den sichtbaren Dingen feststellen, ihm mit Gehorsam dienen und mit guten Taten die Gunst Gottes verdienen.

Das Paradies dient als Ort der Belohnung, die Hölle als der Ort der Strafe. Gott will nicht jeden direkt belohnen und nicht jeden direkt bestrafen. Gott bestraft denjenigen, der es sich selber zuzuschreiben hat. Wir haben es alle selber in der Hand, ein guter Mensch oder ein schlechter Mensch zu sein.

Der erste erdenkliche und erklärte Grund den Zorn Gottes anzuziehen ist, Gottheiten neben Gott zu haben, ein weiterer Grund für seinen Zorn ist Unglauben angesichts vieler gegenteiliger Hinweise, ein weiterer Grund ist Hochmut. Die Menschen sind erfinderisch darin, viele Wege zur Hölle zu finden, trotz aller Fürsorge und aller Hinweise Gottes.

Für den richtigen Weg reicht dagegen allein die Tatsache, dass alle Propheten Gottes und alle heiligen Texte die Menschen mit ähnlichen Worten zum Glauben einladen, oder auch, dass die Natur und der Kosmos in einem intelligenten Regelgeflecht funktionieren wie eine Uhr. Schon eine einfache Uhr entsteht nicht zufällig und durch äußere Einflüsse, auch nicht nach Millionen Jahren, sondern wird von einem ausgebildeten, intelligenten Uhrmacher gebaut.

Wie kann dieser Makrokosmos und der Mikrokosmos darin zufällig entstanden sein und so wunderbar funktionieren? Mich wundert es immer, diese These vom Zufall von klugen Menschen zu hören. Wahrscheinlich ist klug zu sein und zu glauben zwar nahe beieinander, aber nicht dasselbe.

Ein anderes Thema ist die unterschiedliche Betrachtungsweise über das ewige Glück bei den Muslimen und Christen. Das Christentum glaubt, dass Jesus (FSMI) für die Sünden der Gläubigen gestorben ist, dass man also als Christ sicher sein kann, dass man ins Paradies kommt, was man im Diesseits auch anstellen mag. Es reicht ein Christ zu sein, selbst wenn man ein schlechter Mensch ist. Wenn jemand ein Muslim ist und ein guter Mensch ist, reicht es folglich nicht.

Dieser Gedanke ist dem Islam fremd. Es reicht alleine nicht aus, ein Muslim zu sein. Jeder muss für sein Glück oder für sein Verderben selbst arbeiten. Im Islam büßt man nicht für die Sünden anderer.

Einen weiteren Einwand gegen den Gedanken, daß Gott nur Christen und Juden ins Paradies holen wird, kann man erheben aufgrund der großen Barmherzigkeit Gottes. In der Summe wäre dies ja nur eine Minderheit und damit nicht in Relation zu der großen Barmherzigkeit Gottes.

Wir Muslime glauben, dass Gott mehr Menschen erfreuen wird als wir das denken, und meiner Meinung nach werden es nicht nur Muslime sein.


* Inschallah: So Gott will, mit Gottes Einverständnis



Dienstag, 27. April 2010

Johannes der Täufer, weitere Wunder




Und der König Herodes hörte von ihm - denn sein Name war bekannt geworden - und sie sagten: Johannes der Täufer ist aus den Toten auferweckt worden, und deswegen wirken die Wunderkräfte in ihm. Andere aber sagten: Es ist Elia; andere aber sagten: Es ist ein Prophet wie einer der Propheten. Als aber Herodes es hörte, sagte er: Johannes, den ich enthauptet habe, der ist auferweckt worden. Denn er, Herodes, hatte hingesandt und den Johannes greifen und ihn im Gefängnis binden lassen, um der Herodias willen, der Frau seines Bruders Philippus, weil er sie geheiratet hatte. Denn Johannes hatte dem Herodes gesagt: Es ist dir nicht erlaubt, die Frau deines Bruders zu haben. Die Herodias aber trug es ihm nach und wollte ihn töten, und sie konnte nicht; denn Herodes fürchtete den Johannes, da er wußte, daß er ein gerechter und heiliger Mann war, und er beschützte ihn; und wenn er ihn gehört hatte, war er in großer Verlegenheit, und er hörte ihn gern. Und als ein geeigneter Tag kam, als Herodes an seinem Geburtstag seinen Großen und den Obersten und den Vornehmsten von Galiläa ein Gastmahl gab, kam ihre, der Herodias, Tochter herein und tanzte, und sie gefiel dem Herodes und denen, die mit zu Tisch lagen. Und der König sprach zu dem Mädchen: Bitte mich, um was du willst! Und ich werde es dir geben. Und er schwor ihr: Um was du mich auch bitten wirst, ich werde es dir geben bis zur Hälfte meines Reiches. Und sie ging hinaus und sagte zu ihrer Mutter: Um was soll ich bitten? Die aber sprach: Um das Haupt Johannes' des Täufers! Und sie ging sogleich mit Eile zu dem König hinein und bat und sagte: Ich will, daß du mir sofort auf einer Schüssel das Haupt Johannes' des Täufers gibst! Und der König wurde sehr betrübt; doch um der Eide und um derer willen, die mit zu Tisch lagen, wollte er sie nicht zurückweisen. Und sogleich schickte der König einen Henker und befahl, sein Haupt zu bringen. Und der ging hin und enthauptete ihn im Gefängnis. Und er brachte sein Haupt auf einer Schüssel und gab es dem Mädchen, und das Mädchen gab es ihrer Mutter. Und als seine Jünger es hörten, kamen sie und nahmen seinen Leichnam und legten ihn in eine Gruft.

Und die Apostel versammeln sich zu Jesus; und sie berichteten ihm alles, was sie getan und was sie gelehrt hatten. Und er sprach zu ihnen: Kommt, ihr selbst allein, an einen öden Ort und ruht ein wenig aus! Denn diejenigen, die kamen und gingen, waren viele, und sie fanden nicht einmal Zeit, um zu essen. Und sie fuhren in einem Boot allein an einen öden Ort; und viele sahen sie wegfahren und erkannten sie und liefen zu Fuß von allen Städten dorthin zusammen und kamen ihnen zuvor. Und als Jesus aus dem Boot trat, sah er eine große Volksmenge und wurde innerlich bewegt über sie; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er fing an, sie vieles zu lehren. Und als es schon spät am Tag war, traten seine Jünger zu ihm und sagen: Der Ort ist öde, und es ist schon spät am Tag. Entlaß sie, damit sie auf die umliegenden Höfe und in die Dörfer gehen und sich etwas zu essen kaufen! Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen! Und sie sagen zu ihm: Sollen wir hingehen und für zweihundert Denare Brot kaufen und ihnen zu essen geben? Er aber spricht zu ihnen: Wieviel Brote habt ihr? Geht hin, seht nach! Und als sie es festgestellt hatten, sagen sie: Fünf, und zwei Fische. Und er befahl ihnen, daß sie sich alle nach Tischgemeinschaften auf dem grünen Grase lagerten. Und sie lagerten sich in Gruppen zu je hundert und je fünfzig. Und er nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte auf zum Himmel, dankte und brach die Brote und gab sie den Jüngern, damit sie ihnen vorlegten; und die zwei Fische teilte er unter alle. Und sie aßen alle und wurden gesättigt. Und sie hoben auf an Brocken zwölf Handkörbe voll und von den Fischen. Und diejenigen, die die Brote gegessen hatten, waren fünftausend Männer.

Und sogleich nötigte er seine Jünger, in das Boot zu steigen und an das jenseitige Ufer nach Betsaida vorauszufahren, während er selbst die Volksmenge entläßt. Und nachdem er sie verabschiedet hatte, ging er auf den Berg, um zu beten. Und als es Abend geworden, war das Boot mitten auf dem See und er allein auf dem Land. Und als er sie beim Rudern Not leiden sah, denn der Wind war ihnen entgegen, kommt er um die vierte Nachtwache zu ihnen, indem er auf dem See einherging; und er wollte an ihnen vorübergehen . Sie aber sahen ihn auf dem See einhergehen und meinten, es sei ein Gespenst und schrien auf; denn alle sahen ihn und wurden bestürzt. Er aber redet sogleich mit ihnen und spricht zu ihnen: Seid guten Mutes! Ich bin es. Fürchtet euch nicht! Und er stieg zu ihnen in das Boot, und der Wind legte sich. Und sie entsetzten sich sehr über die Maßen, denn sie waren durch die Brote nicht verständig geworden, sondern ihr Herz war verhärtet.

Und als sie hinübergefahren waren, kamen sie in das Land Genezareth und legten an. Und als sie aus dem Boot stiegen, erkannten sie ihn sogleich und liefen in jener ganzen Gegend umher und fingen an, die Kranken auf den Betten hierhin und dorthin zu tragen, von wo sie hörten, daß er sei. Und wo auch immer er in Dörfer oder Städte oder in Gehöfte hineinging, legten sie die Kranken auf den Marktplätzen hin und baten ihn, daß sie nur die Quaste seines Gewandes anrühren dürften; und alle, die ihn anrührten, wurden geheilt.


Kapitel 6, 14 - 56



Die Erinnerung an Johannes den Täufer ist in den Köpfen und Herzen der Menschen lange Zeit lebendig geblieben. Von den Reisen des Apostels Paulus durch die heutige Türkei wird berichtet, daß sich in Ephesus (türkisch: Efes) fromme Leute finden, die sich dazu bekennen, die Taufe des Johannes empfangen zu haben, nicht die Taufe auf den Namen des Herrn Jesus, die Paulus dann an ihnen vollzieht.

Auch der König des israelischen Nordreiches, Herodes Antipas, unter dessen Herrschaft Jesus lebt, und der Johannes hat ermorden lassen, erinnert sich mit starken gefühlen an den von ihm gehaßten Johannes und fürchtet sich offenbar davor, daß der Täufer aus den Toten wiederkommen und ihn zu seiner verdienten Strafe verurteilen könnte.

Von Johannes muß eine gewaltige Wirkung ausgegangen sein, die teilweise in den Augen der Menschen mit der Wirkung von Jesus konkurrierte. Wir lasen bereits in Kapitel 2, daß man die Jüngerschaften untereinander verglich und Anstoß an dem Verhalten der Jünger von Jesus nahm, die weniger streng und asketisch lebten als die Jünger des Johannes.

Nun ist Johannes tot, wir erfahren die dramatische Geschichte seiner Ermordung* und erahnen etwas von den verwickelten Machtfragen, die einen König bewegen, wenn ein Prophet aufsteht und gegen ihn redet. Am Ende verliert in solchen Konstellationen meistens der Prophet, das wird auch Jesus noch erleben, aber die Könige spüren doch, daß sie den Sieg über die Propheten immer nur für kurze Zeit genießen können.

Stalin soll über die Macht der katholischen Kirche mit den Worten gespottet haben Wieviele Divisionen hat der Papst? Am Ende hat aber auch hier eine prophetische Kraft, die Kraft des polnischen Papstes Johannes Paul II., ganz stark zur Niederlage des Kommunismus beigetragen.

Jesus ist in dieser Zeit immer noch dem Druck der Menschen ausgesetzt, die ihm folgen. Wir finden ihn an einem öden Ort um mit den Jüngern zu ruhen und einfache Dinge nachzuholen wie etwa ein gemeinsames Essen, zu dem lange keine Gelegenheit war, weil die Leute so drängten. Aber erneut findet ihn die Menschenmenge, auch in dieser Öde, und was er mit den Jüngern essen wollte, das muß er jetzt mit Tausenden von ihnen teilen. Daß aus diesem Teilen ein gewaltiges Wunder hervorgeht, das hat die Christen zu allen Zeiten dazu ermutigt, im Kleinen nun ihrerseits gastfreundlich zu sein. Vielleicht ist ja auch in meinem Haus der Brotkorb voller, nicht bevor die Gäste kommen, sondern nachdem sie weggegangen sind.

Eigenartig die Bemerkung an Schluß des zweiten großen Wunders, dem Gehen auf dem Wasser: die Jünger entsetzen sich und können sich kaum beruhigen. Ihr Herz ist verhärtet, sagt Markus, sie verstehen wenig oder nichts. Für mich ist das eine der Stellen, die für die Glaubwürdigkeit des Markusberichtes spricht. So redet jemand, der aus erster Hand informiert wurde, und zwar von einem, der dabeigewesen ist und der dem Markus alles ehrlich und aufrichtig und ohne Beschönigung erzählt hat.

* daß die tanzende Königstochter Salome heißt, geht auf den jüdischen Historiker Flavius Josephus zurück, in der Bibel wird der Name der Tochter der Herodias nicht überliefert.



Samstag, 24. April 2010

Nureddin zu "Wunder"




Jesus (Friede sei mit ihm) ist ganz gewiss für Christen einzigartig. Für die meisten Christen in unserer Gesellschaft trifft zu, daß sie ihn schätzen und lieben. Man sieht eine inbrünstige Liebe vor allen Dingen bei den frommen Christen in Gemeinden, in Kirchen und in Klöstern. Christliche Männer versprechen Gott ihr ganzes Leben, im Gebet und auf dem erhabenen Weg Jesu (FSMI). Frauen verhüllen sich in Unschuld zu Nonnen und folgen Marias (FSMI) unbeflecktem Weg. Dutzende Hilsorganisationen, Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten werden durch den Einsatz dieser Männer und Frauen in den Dienst am Menschen gestellt.

Das alles lehrt uns: im Abendland lebt der Geist Jesu (FSMI) fort. Zwar muß über die negativen Auswirkungen der Aufklärung und über die vielen Fehler der im Namen der Religion handelnden Instanzen nachgedacht werden, aber trotzdem ist die Wirkung Jesu auch nach 2000 Jahren immer noch hochaktuell.

Wir Muslime fühlen uns Menschen nahe, die Jesus (FSMI) ehren und lieben. Denn auch für uns Muslime ist Jesus (FSMI) einzigartig. Gott sprach durch ihn, Gott war in ihm sichtbar. Wer ihn erblickte, hatte den Anschein, vor Gott zu stehen. Selbst seine Geburt war einzigartig. Auch sein Dahinscheiden war einzigartig. Seine Mutter war die ehrbarste Frau, die es je gab. Ihre vollkommene Unschuld war der Grund dafür, daß Gott sie als Mutter Jesu (FSMI) und aller Gläubigen auserwählt hat.

Jesus kam ohne einen Vater auf die Welt und sprach schon in der Wiege zu Menschen. Sein ganzes Leben hindurch vollbrachte er viele Wunder wie die, von denen wir in diesem Abschnitt lesen. Er erweckte Tote zum Leben, heilte Unheilbare und war für jedermann anziehend. Diese Informationen über Jesus (FSMI) erhalten wir aus dem Koran. An vielen Stellen wird Jesus dort erwähnt, und sein Leben wird den Muslimen als Beispiel dargeboten. Es gibt ein ganzes Kapitel, das den Namen Maria trägt, in dem Mutter Maria und Jesus (FSMI) ihren verdienten Wert im Herzen des Korans einnehmen. Ohne Jesus (FSMI) zu lieben, darf man sich nicht Muslim nennen.

Im Falle der Wunder stehen die Zeugen seiner Zeit vor einem Rätsel. Etwas Unerklärliches, etwas Übernatürliches passiert. Sie sind beeindruckt von dem, was sie nicht erklären können. Selbst die Gläubigen haben wahrscheinlich über die Wunder gestaunt. Die Frage ist nicht, ob diese Wunder geschehen sind, sondern warum. Wunder sind Tatsachen, es gibt viele Zeugen, die unabhängig voneinander von denselben Vorfällen erzählen. Es hat keinen Sinn, Wunder in Frage zu stellen, nur weil man sie naturwissenschaftlich nicht belegen kann. Es ist für Gott als denjenigen, der die Naturgesetze selbst erschaffen hat, auch eine Kleinigkeit, sie zu überbrücken und uns zu beeindrucken.

Die Wunder passieren, um die Augen der Ungläubigen zu öffnen, um den Verstand und die Herzen für Gott zu stimulieren. Die Wunder sagen uns: schau, Gott hat alles erschaffen und alles funktioniert nach seinem Gesetz, selbst indem es außer Kraft gesetzt werden. Die gläubigen Herzen brauchen keine Wunder um zu glauben, Wunder sind für ungläubige Herzen bestimmt. Durch Wunder bestätigt sich für die Gläubigen nur das, was sie bereits gefühlt und geglaubt haben.

Gott erschafft die Natur und seine Gesetze, für uns. Diese Gesetze gelten für uns. Gott braucht die Gesetze nicht und kann sie beliebig bedienen, aussetzen und verändern. Die Propheten handeln in diesem Zusammenhang lediglich als ausführende Instanz im Namen Gottes, und nur Gott allein steht hinter all diesen Wundern. Wenn man will, kann man die Propheten als eine Art Leinwand für die eigentliche Lichtquelle ansehen. Die Lichtquelle ist Gott, die Wunder die durch die Hand der Propheten passierten, sind wie der Film auf der Leinwand. Es wäre ein Trugschluss, die Leinwand für die eigentliche Lichtquelle zu halten.

Es gibt nur einen Gott, er hat keinen Sohn, ergo ist Jesus (FSMI) ein Mensch und ein Prophet Gottes, der durch Gottes Hilfe diese Wunder vollbringt. Es ist keine Erniedrigung für Jesus (FSMI) ein Mensch und ein Prophet zu sein. Im Gegensatz, es ist eine großartige Ehre, ein Mensch zu sein, und die höchste mögliche Stufe auf der Skala des Menschseins ist es, als Auserwählter unter den Menschen ein Prophet zu sein. Durch solche Juwelen unter den Menschen hat Gott seine Wunder gezeigt.




Dienstag, 20. April 2010

Wunder




Und als Jesus in dem Boot wieder an das jenseitige Ufer hinübergefahren war, versammelte sich eine große Volksmenge zu ihm; und er war am See. Und es kommt einer der Synagogenvorsteher, mit Namen Jaïrus, und als er ihn sieht, fällt er ihm zu Füßen und bittet ihn sehr und sagt: Mein Töchterchen liegt in den letzten Zügen. Komm, und lege ihr die Hände auf, damit sie gerettet wird und lebt! Und er ging mit ihm, und eine große Volksmenge folgte ihm, und sie drängten ihn.

Und es war eine Frau, die zwölf Jahre mit einem Blutfluß behaftet war und vieles erlitten hatte von vielen Ärzten und alle ihre Habe aufgewendet und keinen Nutzen davon gehabt hatte; es war vielmehr schlimmer mit ihr geworden. Als sie von Jesus gehört hatte, kam sie in der Volksmenge von hinten und rührte sein Gewand an; denn sie sagte: Wenn ich nur sein Gewand anrühre, werde ich geheilt werden. Und sogleich vertrocknete die Quelle ihres Blutes, und sie merkte am Leib, daß sie von der Plage geheilt war. Und sogleich erkannte Jesus in sich selbst die Kraft, die von ihm ausgegangen war, wandte sich um in der Volksmenge und sprach: Wer hat mein Gewand angerührt? Und seine Jünger sagten zu ihm: Du siehst, daß die Volksmenge dich drängt, und du sprichst: Wer hat mich angerührt? Und er blickte umher, um die zu sehen, die dies getan hatte. Die Frau aber fürchtete sich und zitterte, da sie wußte, was ihr geschehen war, kam und fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit. Er aber sprach zu ihr: Tochter, dein Glaube hat dich geheilt. Geh hin in Frieden und sei gesund von deiner Plage!

Während er noch redete, kommen sie von dem Haus des Synagogenvorstehers und sagen: Deine Tochter ist gestorben, was bemühst du den Lehrer noch? Jesus aber überhörte das Wort, das geredet wurde, und spricht zu dem Synagogenvorsteher: Fürchte dich nicht; glaube nur! Und er erlaubte niemand, ihn zu begleiten, außer Petrus und Jakobus und Johannes, dem Bruder des Jakobus. Und sie kommen in das Haus des Synagogenvorstehers, und er sieht ein Getümmel und Weinende und laut Heulende. Und er geht hinein und sagt zu ihnen: Was lärmt und weint ihr? Das Kind ist nicht gestorben, sondern es schläft. Und sie lachten ihn aus. Als er aber alle hinausgetrieben hatte, nimmt er den Vater des Kindes und die Mutter und die, die bei ihm waren, mit und geht hinein, wo das Kind war. Und er ergriff die Hand des Kindes und spricht zu ihm: Talita kum! Das ist übersetzt: Mädchen, ich sage dir, steh auf! Und sogleich stand das Mädchen auf und ging umher; es war nämlich zwölf Jahre alt. Und sie erstaunten sogleich mit großem Erstaunen. Und er gebot ihnen dringend, daß niemand dies erfahren solle, und er sagte, man solle ihr zu essen geben.

(Kapitel 5, 21 – 43)


Dies ist wieder eine Geschichte, die sich unter den Christen großer Beliebtheit erfreut: Die Tochter des Jaïrus, gesprochen Ja-i-rus mit Betonung auf dem „i“. Viele verbinden sie mit dem nebenstehenden Bild, das in alten Kinderbibeln zu finden ist, illustriert von dem berühmten Bibelmaler Julius Schnorr von Carolsfeld (1794 – 1872) in seiner allerdings heute als überholt betrachteten Malweise.

Zusammen mit der Auferweckung des Lazarus und des Jünglings zu Nain ist sie eine von drei Totenauferweckungen, die von Jesus berichtet werden. Den Kindern erzählt man besonders gerne die Geschichte des 12jährigen Mädchens aus der Familie des Synagogenvorstehers, weil sie ja von einem Kind handelt.

Ich habe mich früher beim Hören oft gefragt, wer denn nun Recht hat – die Verwandten, die das Mädchen bereits als tot beklagen, oder Jesus, der sie alle beruhigt und sagt, sie schläft nur? Vielleicht könnte man zu der Kompromißformel kommen, daß für Jesus jeder Tod nur ein Schlaf ist, aus dem der Tote jederzeit mit Hilfe übernatürlicher Kräfte wieder zurück ins Leben geholt werden kann.

Rätselhafter noch ist die kleine Szene auf dem Weg, in der die Bluterin geheilt wird. Sie verrät nach meinem Eindruck etwas von dem Prinzip nach dem bei Jesus Wunder geschehen: es ist eine Kraftübertragung von ihm auf den Kranken. Allerdings wird nur an dieser einzigen Stelle dieses Detailwissen um das Wesen von Wundern ein wenig aufgedeckt. Jesus spürt, so können wir vermuten, offenbar die Übertragung dieser Kraft selbst dann, wenn sie unbewußt und fast gegen seinen Willen geschieht.

Die Frau fürchtet sich davor, daß Jesus unwillig reagieren könnte. Er aber findet bei ihr das, was er bei so vielen anderen vergeblich sucht: Glaube. Geh hin in Frieden, sagt er. Für solche Worte lieben ihn die Christen. Und auch für die Sorge um das kleine Mädchen: gebt ihr zu essen. Es sind diese kleinen Details aus einem in den Alltag der Menschen eingebetteten Leben, die Jesus für die Christen so einzigartig machen.

Er war einer von uns, das verbindet uns sehr eng mit ihm. Und gleichzeitig war er ganz anders.



Dienstag, 13. April 2010

Nureddin zu "Schweine"




Wundern sollten sich die christlichen Leser nicht darüber, wenn ich jetzt schreibe, daß wir Muslime Schweine nicht hassen. Wir lieben sie nur nicht so sehr, daß wir sie auch essen würden. Es gibt genügend andere Fleischsorten und es gibt keine Nahrungsknappheit in der Wohlstandsgesellschaft.

Wie üblich gibt es zwischen Lieben und Hassen viele Grautöne. Für uns Muslime sind auch Schweine wertvolle Tiere, weil Gott sie erschaffen hat. Alles, was Gott erschafft, ist sinnvoll und dient einem Zweck. Wir haben es zu respektieren und pfleglich zu behandeln. Auch die Schweine haben eine Aufgabe zu erfüllen, denn warum sollte Gott sie sonst erschaffen haben?

Unrein werden sie genannt, weil sie im Islam nicht zu den eßbaren Tieren angehören, man muß eben nicht alle Tiere essen. Die eßbaren Tiere werden im Islam kategorisiert und jeder der im Orient war weiß wie üppig der Speiseplan von Muslimen ist. Eßbar sind viele Fisch- und Geflügelarten. Von den Landtieren sollen Wiederkäuer verzehrt werden. Allesfresser, Fleischfresser, Reptilien und Amphibien sind keine eßbaren Tiere. Auch Artenschutz spielt im Islam eine Rolle.

Der Islam ist unter den Religionen die wissenschaftlichste. Von der Geburtsstunde des Islam an wurden die Muslime angehalten, im Namen Gottes alles zu lesen und darüber nachzudenken. Der Islam ist eine sehr verständliche, logische und praktizierbare Religion. Von einem einfachen Kamelhirten in der arabischen Wüste, bis zu einem islamischen Wissenschaftler wie Avicenna oder bis zum modernen Menschen des 21. Jahrhnderts kann der Islam problemlos verstanden und gelebt werden.

Seine Anweisungen sind auf der einen Seite sehr klar und bestimmt, aber auf der anderen Seite bietet der große Interpretationswinkel auch genug Spielraum, um den Menschen nicht zwischen Dogmen und starren Lebensformen einzuengen. Der gelebte Islam ist ein sicherer Kompaß, um in den sicheren Hafen Gottes zu gelangen, ohne daß man Schiffsbruch erleidet. Und es gibt in ihm immer den rettenden Weg des Vereinfachens der Religion, wenn es sein muß.

Ein Beispiel dafür ist der Verzehr von Schweinefleisch im Notfall. Trotz des Verbotes Schweinefleisch zu essen muß ein Muslim im Notfall lebensrettend Schweinefleisch essen. Ich liebe meine Religion für diese verständlichen, wissenschaftskonformen Formeln umso mehr. Je mehr die Naturwissenschaft neue Erkenntnisse gewinnt, desto verständlicher werden die islamischen Gebote und Verbote. Im Falle des Schweinfleischverzehrs ist es nicht anders.

Die Zoologen würden sagen, die Schweine sind Allesfresser, wie Menschen. Die Mediziner würden sagen, die Physiologie und Anatomie des Schweins, ist dem Menschen ähnlich. Zum Beispiel kann ein Diabetiker, eher ein Schweineinsulin vertragen, als ein Rinderinsulin. Das trifft auch auf Transplantationen zu. Dieser Vorteil kann aber auch zum Nachteil werden, weil durch diese Brückenfunktion Schweine sowohl tierische, als auch menschliche Erreger übertragen können. Normalerweise sind menschliche Erreger für Tiere ungefährlich, und umgekehrt.

Die Zoologen würden ferner sagen, Schweine sind Aasfresser, wie Geier oder Ratten und übernehmen in der Natur eine ähnliche Rolle. Für diese Aufgabe haben wir sie verständlicherweise gern. Natürlich werden Nutzschweine in der Viehwirtschaft, wie anderes Vieh, unter saubereren Verhältnissen gehalten. Das wollen wir zumindest glauben. Ein wenig Zweifel darüber sei allerdings gestattet, wenn man die aktuellen Probleme, wie die Schweinegrippe betrachtet.

Aber Schweinefleisch ist ohnehin ungesünder. Die Mediziner würden sagen, daß das Schweinefleisch unter den üblichen Fleischsorten am bedenklichsten ist im Bezug auf die Risiken, die durch Fleischkonsum entstehen. Diese Risiken beruhen unter Anderem auf den höheren Fettgehalt des Schweinefleisches, der für Arterienverkalkung verantwortlich ist und der seinerseits das Schlaganfalls- und Herzinfarktrisiko erhöht.

Das sind wissenschaftliche Fakten, die den Nichtverzehr von Schweinefleisch von Juden und Muslimen untermauern.

Allerdings ist für uns Muslime einzig und allein das Verbot Gottes ausschlaggebend und ausreichend. Dieses Verbot, das Gott erläßt, darf nach unserem Glauben kein Sterblicher, auch ein Petrus nicht, außer Kraft setzen. Nach Paulus begeht Petrus für mich ganz klar als zweiter einen Tabubruch, indem er Gottes Gebote verändert.

Um nach dem Exkurs in Islamkunde, noch mal auf diese Bibelstelle zurück zu kommen, muß ich als Muslim feststellen, daß hier ein Bild von Jesus (Friede sei mit ihm) als einem erbarmungslosen, gleichgültigen Exekutor über Leben und Tod vorgestellt wird, welches dem islamischen Jesusbild widerspricht. Auch wenn Schweine keine Menschen sind, einer wie Jesus(FSMI) mit seiner großen Barmherzigkeit und Fürsorge kann nicht den sinnlosen Tod von so vielen unschuldigen Lebewesen anordnen. Deshalb muß ich diese Bibelstelle an die Reihe der kritischen Stellen anheften.

Im Falle des Geisteskranken allerdings kann ich dem Bild zustimmen. Denn Jesus (FSMI) ist als ein besonderer Arzt Gottes berühmt. Er hat schon sehr viele durch Gottes Hilfe geheilt und eben auch diesen aussichtslosen Fall. Auch im islamischen Kulturkreis kennt man solche wundersame Heilungen durch Gottes Hilfe, z. B. durch Handauflegen oder im Gebet. Man kennt die Wirkung der Gebete, wenn sie von Gott erhört werden. Der moderne, ungläubige Mensch würde von einem Placeboeffekt sprechen.

Der Kern dieser Bibelstelle ist auch meiner Meinung nach das kurzsichtige Verhalten der Gerasener. Sie erkennen Jesus (FSMI) zwar als einen besonderen Menschen an, möchten aber trotzdem nicht mehr von ihm wissen. Eine für sie fatale Entscheidung.

Wir alle haben im Leben Momente der Entscheidung. Möge Gott uns bei unseren Entscheidungen nicht unserem Ego überlassen und uns helfen, stets die richtige Entscheidung zu treffen. Vermutlich haben die Gerasener ihren bekannten, kleinen Vorteil vor Augen oder haben Angst vor dem Neuen und Unbekannten, das ihnen viele Umstellungen abgefordert hätte. Es ist erstaunlich, daß sie die Augen vor der Wahrheit verschließen und meinen, in Sicherheit zu sein.

Dieses Phänomen ist sicher nicht nur auf die Gerasener oder ihre Zeitgenossen zu begrenzen. Ich ziehe Parallelen in unsere Zeit, in der die Menschen in etwa genauso handeln, wenn man sie auf Gottes Wege einlädt. Es ist vermutlich nicht einfach, die richtige Entscheidung zu treffen, oder, wenn es darum geht, zwischen dem späten aber unendlichen Glück und dem frühen aber dafür kurzes Glück zu wählen, das Richtige zu treffen.

Der Koran macht darauf ebenfalls aufmerksam, z.B. in der Sure "Die Auferstehung" (Sure 75/20-21):

20. Nein, ihr aber, ihr liebt das Gegenwärtige
21. und vernachlässigt das Jenseits.

Viele Menschen entscheiden sich kurzsichtig für den Vorteil im Diesseits und verspielen ihre große Chance im ewigen Jenseits. Vertagt man dagegen mit Geduld seinen persönlichen Vorteil und vergnügt sich im Diesseits nur soviel, wie es nötig ist, hat man die richtige Entscheidung getroffen. Deshalb gehen alle Propheten, alle Apostel und alle wahrhaftigen Gläubigen den bescheidenen, geduldigen Weg im Diesseits, um das Ergebnis im Jenseits zu ernten.




Montag, 12. April 2010

Schweine




Und sie kamen an das jenseitige Ufer des Sees in das Land der Gerasener. Und als er aus dem Boot gestiegen war, begegnete ihm sogleich von den Grüften her ein Mensch mit einem unreinen Geist, der seine Wohnung in den Grabstätten hatte; und selbst mit Ketten konnte ihn keiner mehr binden, da er oft mit Fußfesseln und mit Ketten gebunden worden war und die Ketten von ihm in Stücke zerrissen und die Fußfesseln zerrieben worden waren; und niemand konnte ihn bändigen.Und allezeit, Nacht und Tag, war er in den Grabstätten und auf den Bergen und schrie und zerschlug sich mit Steinen.

Und als er Jesus von weitem sah, lief er und warf sich vor ihm nieder; und er schrie mit lauter Stimme und sagt: Was habe ich mit dir zu schaffen, Jesus, Sohn Gottes, des Höchsten? Ich beschwöre dich bei Gott, quäle mich nicht ! Denn er sagte zu ihm: Fahre aus, du unreiner Geist, aus dem Menschen! Und er fragte ihn: Was ist dein Name? Und er spricht zu ihm: Legion ist mein Name, denn wir sind viele. Und er bat ihn sehr, daß er sie nicht aus der Gegend fortschicke.

Es war aber dort an dem Berg eine große Herde Schweine, die weidete. Und sie baten ihn und sagten: Schicke uns in die Schweine, damit wir in sie hineinfahren! Und er erlaubte es ihnen. Und die unreinen Geister fuhren aus und fuhren in die Schweine, und die Herde stürzte sich den Abhang hinab in den See, etwa zweitausend, und sie ertranken in dem See. Und ihre Hüter flohen und verkündeten es in der Stadt und auf dem Land; und sie kamen, um zu sehen, was geschehen war.

Und sie kommen zu Jesus und sehen den Besessenen, der die Legion gehabt hatte, bekleidet und vernünftig sitzen, und sie fürchteten sich. Und die es gesehen hatten, erzählten ihnen, wie dem Besessenen geschehen war und das von den Schweinen. Und sie fingen an, ihn zu bitten, daß er aus ihrem Gebiet weggehe.

Und als er in das Boot stieg, bat ihn der, der besessen gewesen war, daß er bei ihm sein dürfe. Und er gestattete es ihm nicht, sondern spricht zu ihm: Geh in dein Haus zu den Deinen und verkünde ihnen, wieviel der Herr an dir getan und wie er sich deiner erbarmt hat. Und er ging hin und fing an, im Zehnstädtegebiet auszurufen, wieviel Jesus an ihm getan hatte; und alle wunderten sich.


(Kapitel 5, 1 – 20)


Wieder wird eine Geschichte erzählt, von der ein Moslem intuitiv einiges mehr versteht als ein Christ. Die verhaßten Schweine! Nureddin hat mir einmal aus seiner Sicht als medizinisch sehr gut bewanderter Mensch etwas über Schweine gesagt. Ihr Fleisch zu essen ist für ihn gleichbedeutend mit dem Verzehr des Fleisches von Aasgeiern und Ratten. Man ißt keine Tiere, die ihrerseits von Schmutz, Kot und Aas leben.

Es geschieht den Dämonen (und den Schweinen) also Recht, daß sie auf so spektakuläre Weise ihr Ende finden, sie gehören beide dem Reich der Dunkelheit und dem Reich des Schmutzes an. Aber warum wird die Geschichte erzählt? Sicherlich nicht, um das jüdische und muslimische Schweinefleisch-Verbot zu bekräftigen (dessen Aufhebung bei Jesus nie angesprochen wurde, das war später eine Entscheidung der jungen christlichen Gemeinde, und es rief dann auch einige Spannungen innerhalb der Gemeinde hervor*), auch nicht um es aufzuheben.

Die Schweine illustrieren hier zunächst nur, daß Jesus sich bei seinem Besuch auf der Ostseite des Sees Genezareth nicht mehr unter Juden bewegt. Die Mischbevölkerung im dortigen Gerasa hatte ihr Judentum weitestgehend verloren und die griechische oder heidnische Sitte angenommen, Schweine als Haustiere zu halten.

Es zeigt sich, daß auch in diesem „Ausland“ das Problem der Dämonen weiter besteht, und hier ist es offenbar auch ein Sicherheitsproblem für die Bewohner der Gegend, denn dieser wilde, in den Grabkammern und Grüften lebende Mann, war offenbar nicht unter Kontrolle zu halten und stellte eine Gefahr für jeden dar, der sich ihm näherte.

Es ist ein Segen für das ganze Gebiet, daß er nun von Jesus geheilt und in ein friedliches Leben zurückgeführt wird. Nur zeigt sich – und das erscheint mir der Kern der Geschichte zu sein – daß die Bewohner des Gebietes diesen Segen nicht wollen, oder zumindest den Preis dafür nicht bezahlen möchten. Höflich aber bestimmt bitten sie Jesus, ihr Land zu verlassen.

Es ist eine beklemmende Szene, wie da die Menschen aus der nahen Stadt zu Jesus an den See kommen. Vorne ist es eine idyllische Szene: der geheilte Besessene sitzt friedlich bei Jesus und den Jüngern. Alles ist gut. Aber im Hintergrund treiben 2.000 tote Tiere auf dem See. Den wirtschaftlichen Verlust im Kopf rechnen die Gerasener die Freiheit von Dämonen gegen den Erhalt einer Schweineherde auf – und entscheiden sich gegen die Freiheit.


*die Geschichte der Aufhebung des Verbotes durch Petrus steht in Apostelgeschichte 10. Aus den Auseinandersetzungen, die im Galaterbrief Kapitel 2, 11 – 16 geschildert werden, geht hervor, daß Petrus an der Aufhebung des Verbotes später offenbar selbst Zweifel gehabt hat; die junge Gemeinde ging dann in ihrer Entwicklung aber über diese Zweifel hinweg.




Mittwoch, 7. April 2010

Nureddin zu "Weitere Gleichnisse"




Diese Sprache ist den Muslimen nicht fremd. Auch der Koran hat solche Gleichnisse mit denen er den Zuhörern etwas im Glauben erläutern will. Auch in den Hadithen, also in den Prophetenworten, sind solche Gleichnisse vorhanden.

Offenbar ist die Methode, in Gleichnissen zu reden, eine sehr erfolgreiche, so daß sie durch die Zeiten und Orte reist. Sie ist einfach und einprägsam für ein Volk, daß sich weitestgehend abseits des Glaubens befindet. Dieses Publikum ist als Bauernvolk bestens vertraut mit der Saat, Ernte usw., im Gegensatz dazu ist aber der Glaube an das Jenseits für sie etwas völlig fremdes. Also verwendet Jesus (Friede sei mit ihm) die Gleichnisse aus der Sprache der einfachen Leute. Vermutlich wird er bei Gebildeten, Priestern oder Adeligen eine andere metaphorische Sprache verwenden.

Jedes Herz benötigt ein Gefühl, das nur der Glaube an Gott vermitteln kann. Der Glaube ist ein natürliches, menschliches Bedürfnis wie das Trinken, Essen und Schlafen. Es gibt ja das Sprichwort Geld macht nicht glücklich, und wir finden es deutlich bestätigt in unserer wohlhabenden, aber weitestgehend atheistischen Gesellschaft. Viele einfache, arme Leute scheinen dagegen glücklicher zu sein, weil ihr Glaube sie stark macht in ihrer Situation.

Deswegen wählen die Propheten auch lieber den bescheidenen einfachen Weg und freuen sich auf das ewige Jenseits, das die Bibel als Reich Gottes beschreibt. Wir Muslime stellen berechtigt die Frage, ob dieses nicht das Reich Gottes ist. Gibt es eine weitere Macht neben Gott der im Diesseits regiert? Unsere Antwort ist: beide sind Reich Gottes, das eine, begrenzte Reich ist ausreichend für die Reifeprüfung und das andere, eigentliche, ewige Reich Gottes ist der Ort, in dem das geerntet wird, was hier gesät wurde, wie Jesus (FSMI) erklären will.

Nichts anderes hat Moses (FSMI) vor ihm und Mohammed (FSMI) nach ihm tun wollen, nämlich den Menschen zum ewigen Glück zu verhelfen.

Der Weg dazu geht über das Nachdenken über das Gleichgewicht in allem, wer wir sind und wer das alles erschaffen hat, kurz gesagt: im Glauben. Wer dieses Rätsel löst, wird sein Leben im Diesseits glücklich verbringen, ganz gleich unter welchen widrigen Verhältnissen, und im Jenseits im ewigen, absoluten Glück.

Der feste Glaube des Propheten Jesus(FSMI) läßt ihn völlig ruhig schlafen auf dem Schiff, das im tobenden Meer wellenreitet. Gott hat ihm vermutlich eine innere Ruhe gegeben und die Gewißheit, daß sein Schiff nicht versinken wird. Ich vermute, daß ein Prophet sich aber auch im Falle eines Schiffbruchs völlig ruhig verhalten würde, weil der Tod für ihn der Anfang des Lebens im Jenseits ist und deshalb nichts Schlimmes. Schlimm ist der atheistische Gedanke, daß der Tod ein Ende ist, ja eine Exekution.

Ergeben ist der Gläubige dem Urteil Gottes, gleichgültig ob es ein Geschenk ist oder ein Tadel. Dieses Geheimnis kann man erlangen, in dem man sich nicht dem inneren Drang zu glauben widersetzt, sondern sich in ihm auflöst. Das ist auch die richtige Freiheit, Freiheit von der Angst vor Tod, vor Zwängen und vor Stress. Absolut frei und glücklich wie ein Schmetterling, ist man wenn man im Reich Gottes fliegt und mehrmals am Tag im Gebet, die Nahrung für die nötige Ausdauer tankt.