Montag, 15. März 2010

Jünger, Dämonen und eine fundamentale Kritik




Und er steigt auf den Berg und ruft zu sich, die er wollte. Und sie kamen zu ihm; und er berief zwölf, damit sie bei ihm seien und damit er sie aussende, zu predigen und Vollmacht zu haben, die Dämonen auszutreiben. Und er berief die Zwölf, und er gab dem Simon den Beinamen Petrus; und Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, den Bruder des Jakobus, und er gab ihnen den Beinamen Boanerges, das ist Söhne des Donners; und Andreas und Philippus und Bartholomäus und Matthäus und Thomas und Jakobus, den Sohn des Alphäus, und Thaddäus und Simon, den Kananäer, und Judas Iskariot, der ihn auch überlieferte.

Und er kommt in ein Haus. Und wieder kommt die Volksmenge zusammen, so daß sie nicht einmal Brot essen konnten. Und als seine Angehörigen es hörten, gingen sie los, um ihn zu greifen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen.

Und die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren, sagten: Er hat den Beelzebul, und: Durch den Obersten der Dämonen treibt er die Dämonen aus. Und er rief sie zu sich und sprach in Gleichnissen zu ihnen: Wie kann Satan den Satan austreiben? Und wenn ein Reich mit sich selbst entzweit ist, kann dieses Reich nicht bestehen. Und wenn ein Haus mit sich selbst entzweit ist, wird dieses Haus nicht bestehen können. Und wenn der Satan gegen sich selbst aufgestanden und mit sich entzweit ist, kann er nicht bestehen, sondern er hat ein Ende. Niemand aber kann in das Haus des Starken eindringen und seinen Hausrat rauben, wenn er nicht vorher den Starken gebunden hat, und dann wird er sein Haus berauben. Wahrlich, ich sage euch: Alle Sünden werden den Söhnen der Menschen vergeben werden und die Lästerungen, mit denen sie auch lästern mögen; wer aber gegen den Heiligen Geist lästern wird, hat keine Vergebung in Ewigkeit, sondern ist ewiger Sünde schuldig; - weil sie sagten: Er hat einen unreinen Geist.

Und es kommen seine Mutter und seine Brüder; und sie standen draußen, sandten zu ihm und riefen ihn. Und eine Volksmenge saß um ihn her; sie sagten aber zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder und deine Schwestern draußen suchen dich. Und er antwortete ihnen und spricht: Wer sind meine Mutter und meine Brüder? Und er blickte umher auf die um ihn im Kreise Sitzenden und spricht: Siehe, meine Mutter und meine Brüder! Wer den Willen Gottes tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.


(Kapitel 3, 13 – 35)


Hier ist nun also die bereits angekündigte Stelle, in der alle zwölf Jünger namentlich vorgestellt werden. Zu den beiden bereits im ersten Kapitel genannten und auch später meist prominent erwähnten Brüderpaaren Simon (Petrus) und Andreas sowie Johannes und Jakobus kommen acht weitere Jünger hinzu, von denen die meisten im weiteren Verlauf nicht wieder erwähnt werden. Der ebenfalls im ersten Kapitel erwähnte Zöllner Levi wird nicht unter die Zwölf gerechnet, er ist einer von den Nachfolgern, die nur zu einem erweiterten Kreis gehören.

Unter den Jüngern kommen zwei Namen doppelt vor: Simon und Jakobus, sie werden im Folgenden durch einen Namenszusatz (Simon Petrus und Simon der Kananäer) oder den Vatersnamen (Jakobus, Sohn des Zebedäus, Jakobus, Sohn des Alphäus) unterschieden. Daß hier der Name Alphäus sowohl für den zweiten Jakobus als auch für den Zöllner Levi als Vater genannt wird, betrachten die meisten Ausleger als eine zufällige Namensgleichheit zweier unterschiedlicher Personen.

Man kann aus dem Grad der Angleichung dieser Vornamen an griechische Formen ein wenig über das Leben in der damaligen Weltkultur erahnen - aus Jakob ist Jakobus geworden, aus Matthija Matthäus. Andreas und Philippus haben sogar Namen ganz ohne jüdische Wurzeln. Schon in diesen Namen deutet sich an, was wenig später selbstverständlich wird: die Botschaft von Jesus wird in Griechisch um die Welt gehen.

Die Beherrschung der Dämonen bringt Jesus sicherlich einiges Ansehen ein, er erscheint als ein Mensch mit übernatürlichen Fähigkeiten. Aber gerade in diesem Punkt beschuldigen die von Jerusalem gekommenen Autoritäten ihn offen, mit Tricks zu arbeiten, indem er eigene dämonische Kräfte gegen die Dämonen einsetzt.

Möglicherweise kannten sich diese Autoritäten gut mit Dämonen aus. Irgendwo habe ich gelesen, daß sich die römischen Feldherren bei ihren verschiedentlichen Zügen durch Israel Menschen vorführen ließen, die von Dämonen besessen waren. Sie ließen sich dann von den Priestern zeigen, wie diese Dämonen ausgetrieben wurden. Offenbar gab es im Volk ein altes Wissen, aber eben auch ein Wissen um Manipulationen.

Da gleichzeitig auch die Verwandten von Jesus offene Zweifel an seiner Sendung äußern, nimmt Jesus jetzt sehr ausführlich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung. Der Kern seiner Argumentation ist ein Hinweis auf seine göttliche Sendung: er ist in das Haus des Starken, des Obersten der Dämonen, eingedrungen und hat ihm eine grundlegende Niederlage zugefügt. Hier zeigt sich sein auch später immer wieder erhobener Anspruch, einen grundsätzlichen Herrschaftswechsel herbeiführen zu wollen. Mit ihm kommt die basileia to theou, wie es im griechischen heißt, die Königsherrschaft Gottes (basileus = König, theos = Gott), oder wie meist übersetzt wird das Reich Gottes, über das Jesus noch in vielfältiger Weise reden wird.

Mit der Rede über seine Mutter und seine Brüder zeigt sich ein Teil der öffentlichen Verkündigung von Jesus, den seine Zuhörer später als eine harte Rede bezeichnen werden und sich deshalb teilweise von ihm abwenden. An solchen Stellen wird deutlich, daß ein christliches Bild vom lieben Jesus nicht der ganzen Wirklichkeit seines Auftretens gerecht wird.

Wir sind am Ende des dritten von insgesamt 16 Kapiteln angelangt und haben immer noch keine seiner großen, an das ganze Volk gerichteten Reden gehört. Das wird sich aber mit dem nun folgenden vierten Kapitel ändern.



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