Montag, 10. Mai 2010

Nureddin zu "Ein falsches Opfer"




Beim Lesen dieses Kapitels schreit wieder mein muslimisches Herz, und diesem zollt mein Gesundheitsmannsherz Beifall: Das hätte Jesus (Friede sei mit ihm) so nicht gesagt!

Jesus (FSMI) hätte niemals etwas Schlechtes für Gut erklärt. Er hätte nicht, wie in diesem Abschnitt berichtet, die Unreinheit für gut erklärt. Und er hätte nicht etwas Richtiges für falsch erklärt, nur weil das Richtige ausnahmsweise einmal von den Pharisäern und Schriftgelehrten kam. Er wäre ganz sicher und unbedingt auf der Seite des Richtigen gewesen, selbst wenn es auf der Seite seiner Gegner war.

Propheten werden durch Gott stets zum Guten geführt. Aus ihrem Mund hört man nur das Richtige. Sie setzen Maßstäbe für gutes Benehmen und richtiges Verhalten in jeder Hinsicht, sie sind Revolutionäre für das Gute, gegen alles Schlechte. Sie sind zwar biologisch und soziologisch gesehen Menschen wie alle anderen Menschen auch, sie unterscheiden sich aber von ihnen durch ihre Unfehlbarkeit, weil sie unter dem besonderem Schutz Gottes stehen.

Sie sollen als Verkünder der Worte Gottes selbst als Person glasklar sein, damit sie die Botschaft unverfälscht wiedergeben. Ihr Leben ist in jeder Hinsicht ein fehlerfreier Raum, es ist das Maß für alle übrigen Menschen, nach dem man sich richten kann oder sogar richten muss, wenn man im Diesseits und im Jenseits unter den Glücklichen sein will. Das Handeln der Propheten würde keinem wissenschaftlichen Gesetz und keinem religiösen Gesetz Gottes widersprechen, es sei denn das Handeln ist ein Wunder, wie in vorigen Kapiteln erwähnt.

Aber in dieser Bibelstelle steht, dass Jesus (FSMI) Menschen zu einer Handlung aufruft, die im Widerspruch zu allen Reinheitsgeboten von Religionen und zu allen wissenschaftlichen Hygieneerkenntnissen steht:

Begreift ihr nicht, dass alles, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn nicht verunreinigen kann? Denn es geht nicht in sein Herz hinein, sondern in den Bauch, und es geht heraus in den Abort. Damit erklärte er alle Speisen für rein.

Was ist mit den Viren, Bakterien und anderen mikroskopisch kleinen Krankheitserregern? Wir Menschen müssen sehr wohl darauf achten was wir essen und was nicht. Und wir müssen viele andere Hygienemaßnahmen ergreifen, damit unser Leben vor Krankheiten geschützt wird.

Nicht nur Religionen, sondern alle fortschrittlichen Gesellschaften haben erkannt, dass Hygiene für die Gesundheit eine ganz erhebliche Rolle spielt. Sowohl die Religion vor dem Christentum, als auch die aktuellen danach kennen viele Gebote zur Reinigung. Bis ins Detail werden viele Einzelheiten im täglichen Leben nach diesen Kriterien geregelt. Sowohl die Juden, als auch die Muslime handeln in ihren Religionen nach diesen Prinzipien.

Wieso sollte Gott genau dem Christentum, das zwischen dem Judentum und dem Islam auf die Welt gekommen ist, etwas Gegenteiliges gebieten? Das erscheint mir im Widerspruch zur Chronologie der Offenbarung der Gottesgebote zu stehen.

Es gibt im Islam viele Hinweise zur Hygiene. Im Koran heißt es in Sure 2/222:

Gott liebt die Reumütigen und die sich reinigen.

In einem Hadith heißt es sogar:

Die Hälfte der Religion ist die Hygiene.

So dürfen wir Muslime bei unseren fünfmaligen Pflichtgebeten nicht vor Gott treten, bevor wir die wichtigsten Körperteile, wie Gesicht, Hände und Füße gewaschen haben. Auch das heilige Buch dürfen wir nur anfassen, wenn wir in gleicher Weise gereinigt sind. Unser Prophet hatte immer ein Miswak dabei, eine Art Zahnbürste, und bürstete sich damit mehrmals täglich die Zähne. Der Koran kennt viele Verse in dieser Hinsicht und legt großen Wert auf die Hygiene. Nach islamischem Glauben stehen die Gebote Gottes nicht im Widerspruch zur Wissenschaft.

Auch die in diesem Abschnitt erörterte Beziehung zwischen Heuchelei und äußerlicher Reinheit muß meiner Meinung nach sehr kritisch betrachtet werden. Natürlich ist Heuchelei auch uns Muslimen als eine große Sünde bekannt. Vermutlich haben die Pharisäer und die Juden tatsächlich Heuchelei betrieben, und Jesus (FSMI) hält das hier als Sünde fest und warnt die Gläubigen davor. Aber was das mit Hygiene zu tun hat und warum Jesus (FSMI) hier die Gläubigen zur Unreinheit aufruft, bleibt meiner Meinung nach fragwürdig.

Das Wort Korban hat mich in diesem Zusammenhang überrascht. Es ist mit dem islamischen Wort für Opfer identisch. Es kommt vom arabischen Wort Qurbiyyat was Nähe bedeutet. Mit dem vollbrachten Kurban (Opfer) möchte man die Nähe zu Gott erreichen.

Es heißt im Koran in der Sure 22/34:

Weder das Blut noch das Fleisch eurer Opfer wird Gott erreichen. Sondern nur eure aufrichtige Ehrfurcht.

Die Opfertradition geht auf den gemeinsamen Propheten von Juden, Christen und Muslimen zurück, auf Abraham, der ein Widder opfern sollte. Die Araber benutzen das Wort Korban oder Kurban eher selten, aber im türkischsprachigen Raum hat sich das Wort etabliert. Ich sehe darin wieder einmal eine Brücke zwischen dem Christentum und dem Islam!




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