Donnerstag, 17. Juni 2010

Ehe, Kinder, Reichtum





Und er brach von dort auf und kommt in das Gebiet von Judäa und jenseits des Jordan. Und wieder kommen Volksmengen bei ihm zusammen, und wie er gewohnt war, lehrte er sie wieder. Und es traten Pharisäer zu ihm und fragten ihn, um ihn zu versuchen: Ist es einem Mann erlaubt, seine Frau zu entlassen? Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Was hat euch Mose geboten? Sie aber sagten: Mose hat gestattet, einen Scheidebrief zu schreiben und zu entlassen. Jesus aber sprach zu ihnen: Wegen eurer Herzenshärtigkeit hat er euch dieses Gebot geschrieben; von Anfang der Schöpfung an aber hat er sie als Mann und Frau geschaffen. "Darum wird ein Mensch seinen Vater und seine Mutter verlassen, und die zwei werden ein Fleisch sein"; daher sind sie nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden. Und im Hause befragten ihn die Jünger deswegen noch einmal; und er spricht zu ihnen: Wer seine Frau entläßt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch gegen sie. Und wenn sie ihren Mann entläßt und einen anderen heiratet, begeht sie Ehebruch.

Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie anrührte. Die Jünger aber fuhren sie an.
Als aber Jesus es sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Laßt die Kinder zu mir kommen! Wehrt ihnen nicht! Denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht aufnimmt wie ein Kind, wird dort nicht hineinkommen. Und er nahm sie in seine Arme, legte die Hände auf sie und segnete sie.

Und als er auf den Weg hinausging, lief einer herbei, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Lehrer, was soll ich tun, damit ich ewiges Leben erbe? Jesus aber sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als nur einer, Gott. Die Gebote weißt du: "Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsches Zeugnis reden; du sollst nichts vorenthalten; ehre deinen Vater und deine Mutter!" Er aber sagte zu ihm: Lehrer, dies alles habe ich befolgt von meiner Jugend an. Jesus aber blickte ihn an, gewann ihn lieb und sprach zu ihm: Eins fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib den Erlös den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben, und komm, folge mir nach! Er aber ging, entsetzt über das Wort, traurig weg, denn er hatte viele Güter. Und Jesus blickte umher und spricht zu seinen Jüngern: Wie schwer werden die, welche Güter haben, in das Reich Gottes hineinkommen! Die Jünger aber erschraken über seine Worte. Jesus aber antwortete wieder und spricht zu ihnen: Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes hineinzukommen! Es ist leichter, daß ein Kamel durch das Öhr der Nadel geht, als daß ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt. Sie aber gerieten ganz außer sich und sprachen zueinander: Und wer kann dann errettet werden? Jesus aber sah sie an und spricht: Bei Menschen ist es unmöglich, aber nicht bei Gott; denn bei Gott sind alle Dinge möglich. Petrus begann und sagte zu ihm: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Jesus sprach: Wahrlich, ich sage euch: Da ist niemand, der Haus oder Brüder oder Schwestern oder Mutter oder Vater oder Kinder oder Äcker verlassen hat um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der nicht hundertfach empfängt, jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter und Kinder und Äcker unter Verfolgungen und in dem kommenden Zeitalter ewiges Leben. Aber viele Erste werden Letzte und Letzte Erste sein.


(Kapitel 10, 1 – 31)

Mit diesem zehnten Kapitel endet die Geschichte von Jesus in Galiläa am See Genezareth, der eher friedliche Teil seines irdischen Wirkens. Es beginnt der Weg hinauf in die Berge von Judäa, zur Stadt Jerusalem, in den Tod (Kapitel 15) und in die Auferstehung (Schlußkapitel 16). Auf dem Weg werden drei wichtige Themen besprochen: die Liebe zwischen Mann und Frau, die Liebe zu Kindern und die Liebe zum Geld.

Was Liebe und Ehe betrifft, so ist Jesus im Vergleich mit seinem Vorgänger Mose und seinem Nachfolger Mohammed strenger als beide: er verbietet jede Art von Ehescheidung. Bevor man ihn deshalb als rigoros und weltfremd tadelt, sollte man den Kern seiner Begründung hören. Nach seiner Lehre ist eine Ehescheidung ausnahmsweise allen solchen Menschen erlaubt, die mit einem harten Herzen leben. Sie sollen nicht schwerer tragen müssen, als es aufgrund ihrer zur Lieblosigkeit neigenden Natur nötig ist.

Wer dagegen ein weiches Herz hat, eines aus Fleisch statt aus Stein, wie es der Prophet Hesekiel (dort im Kapitel 11,19) für das Ende der Zeiten vorausgesehen hat, und wie es durch Jesus jetzt in einem neuen Reich Gottes möglich wird, der kann sein Leben entlang der Linien einer natürlichen Schöpfungsordnung führen, in der die Ehen, wie es auch im Volksmund heißt im Himmel geschlossen werden und auf ewig unauflöslich sind.

Aus der kleinen Szene mit den Kindern hat der christliche Glaube eine ganze Fülle von Erkenntnissen über das Wesen Gottes gewonnen. Sie gehört zum Glaubensgut jedes Christen, und es hat den Christen vielleicht einen manchmal leicht spielerischen Charakter und damit einen Vorteil in der Geschichte verschafft, daß sie wie die Kinder leben durften und nicht ganz so ernst und streng in die Welt blicken mußten wie die Juden und die Moslems. So ihr nicht werdet wie die Kinder… steht über mancher christlichen Philosophie, und ich fühle mich jedesmal angelächelt und eingeladen.

Der reiche Jüngling ist eine für viele Christen problematische, ja tragische Figur. Ohne die Spannung auflösen zu können, die in seinem Auftreten steckt, will ich doch auch hier den Blick auf ein kleines Detail lenken: Jesus gewinnt den jungen Mann lieb und wenn er am Ende traurig von Jesus weg geht, dann ist offenbar auch Jesus traurig und klagt über die Erschwerung des Eintritts in das Reich Gottes. Aber er sagt auch: wer den Eintritt wagt, wird seinen Einsatz nicht bereuen. Er wird am Ende zu den Gewinnern gehören.



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